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Stuttgarter Mitteilungen über Kunst und Gewerbe — 1904-1905

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Felger, Friedrich: Dr. Daniel Greiner in Darmstadt und Paul Lang in Krefeld: Zur Ausstellung des Kunstgewerbevereins Stuttgart
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https://doi.org/10.11588/diglit.6370#0237
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F. Felger, ie Ausstellung Lang versetzt uns in eine ganz andere Sphäre des Kunstgewerbes.

Dr. Daniel In die Welt der Farbe und die angrenzenden Gebiete. Darin liegt ihr Hauptwert.

Greiner u, Es ist ein charakteristisches Zeichen unserer Zeit, daß wir mit der Rückkehr zur

Paul Lang. Natur und zu ihren Farben nun einen so wenig klaren Farbensinn mehr haben. "Wir
haben uns zu weit aus uns selbst herausgewagt und experimentieren nun mit Farben,
die wir nicht mit der Seele wiedergeboren haben. "Wir fanden allerdings neue Wege,
aber nicht mit dem Herzen, sondern mit dem kühlen Auge. Das Resultat ist noch
nicht abgeklärt. Sobald die Romantik der Zukunft uns in ihrem Bann hat, werden
wir wunderbare Farbenakkorde entdecken. Daß unsere Seele mehr leistet, als das
Auge des Japaners. Einstweilen sind die Farbenvirtuosen selten.

Das Künstlerehepaar führt uns Kabinettstücke eines hohen Farbensinnes vor. Tisch-
deckchen mit den koloristischen Reizen eines Gemäldes. Aber ob diese subtilen
Stickereien sich auch im Gebrauch bewähren ? In erster Linie wollen sie offenbar
als Schaustücke betrachtet sein. Und sie werden ihrerseits nicht leiden, daß man
was man auf sie bringt, als Schaustück ansieht.

Sobald man etwa eine bunte "Vase auf eine Langsche Decke stellt, wird sie tot
erscheinen, niedergedrückt durch die Farbeneffekte der Unterlage. Ob aber das Kunst-
gewerbe dem Leben damit einen eigentlichen Dienst leistet, wird man mir verschieden
beantworten.

Einige Spitzenkragen sind in den Farben wundervoll intim abgetönt und ganz und
gar nicht verwirrend. Man kann sich zu diesen herrlichen Sachen förmlich die zarten
Händchen und den schlanken Hals hinzudenken.

Dagegen wird der Schmuck weniger zu bedeuten haben. Es hat schöne Sachen
darunter, sogar einige Neuheiten. Doch bewegt sich das übrige im Alltäglichen.
Auch ist die Technik sehr einfach. Das sind Sachen für die Leute zum Gebrauch;
die farbigen Werke sind für Herrenmenschen.

Liebevoll und wirklich schön sind die Handvergoldungen ausgeführt. Ob sie wohl
von allen nach ihrem Zeit- und Kraftaufwand geschätzt werden? Ich wollte, ich
hätte meine Lieblingsautoren in solchen Handvergoldungen. Das wäre mir eine
wahre Freude.

Ich hoffe, ähnliche Kunstwerke des Künstlerehepaars Lang, das seine Kräfte
augenblicklich der Krefelder Webschule widmet, noch einmal im Kreise einer größeren
Kollektiv-Ausstellung anzutreffen, und ihnen an jener Stelle die Beachtung schenken
zu können, die ihnen gebührt.

Der wohltuendste und hervortretendste Zug der Langschen Ausstellung wird für
jeden empfindenden Beschauer in der Farbensättigung ihrer Werke liegen. Hier
treffen wir endlich Abwechslung nach ermüdenden, abstumpfenden Regeln, nehmen
neue Töne, intime, lyrische Akkorde von eigentümlichen Reizen wahr. Unsere Zeit
ist in mancher Hinsicht für wirklich superiore Leistungen und zwingende Neuheiten,
die wie Erlösungen wirken, eigentlich doch dankbar.

Nach dem Eindruck seiner Ausstellung werden wir das Künstlerehepaar Lang als
Pfadfinder auf dem Gebiete der Kunststickerei zu betrachten haben.

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