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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0170
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vermittelnde Centrum, stets schlichtend und tröstend und gleich
einem Magnete Alles an sich ziehend. Die größten Männer
gingen bei ihr aus und ein, schätzten und liebten sie. Goethe
war bei seinen Besuchen in Frankfurt (1814 und 15) ein ge-
feierter Gast ihres Hauses. Ihre schöne Gemälde- und Kupfer-
stichsammlung beschäftigte ihn vielfach, und im dritten Hefte
von „Kunst und Alterthum" gedenkt er mit Dankbarkeit „der
geliebten wie verehrten Familie Brentano, die mir an den Ufern
des Rheins, auf ihrem Landgute zu Winkel, viele glückliche
Stunden bereitete." Die Brentano'sche Sammlung enthält zwan-
zig ungedruckte Briefe von ihm, die er in den Jahren 1814 bis
1821 an Franz und Antonia schrieb. Ihre Existenz war bisher
nur durch kurze Notizen in einem wenig verbreiteten Buche
(S. M. Prem, Goethe. Leipzig 1893) bekannt gemacht. Sie sind
eine hochwillkommene Ergänzung zu Goethe's Briefen an Ma-
rianne Willemer und an Fritz Schlosser und vervollständigen
das Bild vom Verhältniß des alten Goethe zu Frankfurt. Der
vorletzte Brief, geschrieben unter dem Eindrücke der Feier sei-
nes siebzigsten Geburtstages, den die Frankfurter Freunde
durch Uebersendung eines goldenen Kranzes verherrlicht hat-
ten, ist ein wehmüthiger Äbschiedsgruß an die Vater-
stadt, die er nie mehr betreten sollte. „Es ist eine Empfindung,
verehrte Freundin", schreibt er an Antonia Brentano, „so wun-
derbar als unerfreulich, wenn wir uns nach und nach gewöhnen
sollen auf ein Wiedersehn Verzicht zu thun .... Man mag
sich nicht gern entschließen dergleichen Gefühle auszudrücken
und hierin liegt die Ursache meines langen Stillschweigens...
Leben Sie glücklich in dem schönen Frankfurt.
Meine werfhen Landsleute haben sich vergangenes Jahr so
höchst freundlich erwiesen, daß ich über der Feier des Alfers
das Alfer selbst vergaß. Wie denn auch jetzt noch die schöne
goldene Gabe den trübsten Winfertag aufheitert . . . Möge
Ihnen Alles zum Besten gedeihenl Und Sie meiner in Liebe
und Neigung gedenken!"
In Goethe's Briefen an Franz Brentano wird mehrfach ein
Stammbuch erwähnt, das er im Jahre 1815 „mit einigen
Worten und Kränzen geziert" von Weimar an Antonia Bren-
tano schickte, „damit es zur guten Stunde freundlich wirke."
Auch dieses Stammbuch befindet sich unter den Brenfano'schen
Papieren. Auf der ersten Seife steht in zierlicher Blumenum-
rahmung Goethe's Widmung, das Gedicht „Lieblich ist's im
Frühlingsgarten", das schon aus der Ausgabe letzter Hand be-
kannt ist. Fast alle späteren Einträge nehmen Bezug auf diese
Widmung. Wir finden darin den Minister von Stein, Fürsfpri-
mas Dalberg. Bischof Sailer und den ganzen Frankfurter Freun-
deskreis: Willemer mit Marianne und Rosette, Fritz Schlosser
und seine Frau Sophie du Fay, den Bürgermeister Guaifa und
seine Frau Meline, Sophie Bansa, den Bürgermeister Thomas
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