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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0294
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266 —

mißfielen. Selbst in den Büchern, in welchen er keine Rand-
bemerkungen eingeschrieben, sondern nur Stellen angestrichen
hat, verspüren wir die Energie seines Geistes an den kräftig
gezogenen, Leidenschaft verratenden, breiten Bleistiftstrichen.
So sind Schopenhauers Bücher nicht tote Reliquien, sie ent-
halten Atome seines unsterblichen Geistes, und manches wert-
lose Buch hat durch die Randbemerkungen des großen Phi-
losophen einen unverdienten dauernden Wert erlangt.
Einfach und schmucklos, wie die ganze Behausung Scho-
penhauers, war auch seine Bibliothek. Er las meistens die
Bücher ungebunden und ließ sie dann in einfache Pappbände
binden. Das weiße Schild auf dem Rücken pflegte er selbst
mit dem Titel des Buches zu versehen, gewöhnlich wurde sein
Ex-Libris in den vorderen Deckel eingeklebt. In manchen Bü-
chern finden wir in dem hinteren Deckel Bleistiftzeichnungen
von seiner Hand, meistens ein Männerprofil nach links, das
sich in wenigen Varianten wiederholt. Wir sehen diese Zeich-
nungen stets nur in solchen Büchern, welche ihn zu tieferem
Nachdenken anregten, und je länger dieser Zustand bei ihm
andauerte, desto mehr häuften sich diese Skizzen. Sie sind
mechanisch, mit abwesendem Geiste hingeworfen und ohne
künstlerischen Wert. Wir glauben aber doch gut zu tun, einige
von ihnen in Facsimile zu reproduzieren, da sie eine interes-
sante Eigenheit Schopenhauers illustrieren.
lieber die dritte und vierte Abteilung, Schopenhauers
Werke und die Schriften über ihn, haben wir nichts hinzu-
zufügen.
Eine Reconstruction von Schopenhauers Bibliothek hat zum
erstenmale Eduard Grisebach im Jahre 1888 in seinen „Edita
Inedita*' versucht und jetzt in seinen „Neuen Beiträgen" weiter
ausgeführt. Unsere Sammlung bringt neues Material in uner-
hofft reicher Menge. Es ist daher unsere Absicht, unter kei-
nen Umständen diese von langjährigem Sammeleifer mühsam
zusammengesuchten „disjecta membra" wieder zu zerstreuen,
und wir werden die Bibliothek nur als Ganzes verkaufen.

Die verschollene Tragoedie Tullia und
andere unbekannte Schriften des
Johann Ludwig Prasch.
„Als Dramatiker ist Prasch bemerkenswerth. Seine Trauer-
spiele „Saul desperans" (Ratisbonae 1662) und „Arminius" (ib.
1678) habe ich aus der Bibliothek zu Weimar erhalten, das
von den Sammlern des 18. Jahrhunderts ihm zugeschriebene
Trauerspiel „Tullia" habe ich dagegen bis jetzt nicht auffin-
 
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