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Speer, Heino
Herrschaft und Legitimität: zeitgebundene Aspekte in Max Webers Herrschaftssoziologie (Teilw. zugl.: Bielefeld, Univ., Diss.) — Berlin, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.2606#0168
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Zusammenfassung
Die Zielsetzung dieser Arbeit war es, die zeitbedingten Elemente in
Max Webers Herrschaftssoziologie aufzuspüren. Wenn dies auch zum
Teil nur unter Begehung großer Umwege möglich war, da direkte An-
haltspunkte, wie sie in jedem anderen wissenschaftlichen Werk allein
durch den Anmerkungsapparat gegeben sind, hier fehlen, so dürfte
doch deutlich geworden sein, wie sehr Max Weber aus dem begriff-
lichen und methodologischen Inventar der Wissenschaftsgeschichte des
19. Jahrhunderts gelebt hat und zu verstehen ist. Die Verankerung der
Denkschritte und Begriffsbildungen Webers in der Wissenschaftsge-
schichte mag zwar von seinem Anspruch her, universalgeschichtliche
Soziologie zu betreiben, befremdlich erscheinen, ist aber nur eine Folge
der notwendigen Zeitgebundenheit aller Wissenschaft. Max Weber
selbst hat dies in seinem programmatischen Aufsatz über „Die Ob-
jektivität' sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis" an-
erkannt.
Es ist bedauerlich, daß eine direkte Zurückführung der soziologischen
Begriffe auf andere Autoren etwa der Allgemeinen Staatslehre nur
in den seltensten Fällen möglich ist. Aber gerade dadurch wird deut-
lich, wie sehr Weber das geistige Kontinuum seiner Zeit in sich aufge-
nommen und aus den divergentesten Richtungen der Wissenschaft und
innerhalb einzelner Wissenschaftszweige aus den divergentesten Schu-
len das geschöpft hat, was er zum Aufbau seiner universalhistorischen
Soziologie brauchen konnte. So zeigte sich an der Herausbildung eines
allgemeingültigen Herrschaftsbegriffes, daß in diesem Begriff die Ent-
wicklung des Staates und der von ihm abgehobenen Gesellschaft im
19. Jahrhundert ihre tiefgreifenden Spuren hinterlassen hat. Dies ist
nicht verwunderlich angesichts einer SpezialWissenschaft wie der Rechts-
und Verfassungsgeschichte, deren Bestreben dahin ging, die Existenz
eines öffentlichen Rechts und einer privaten Gesellschaft schon in frän-
kischer Zeit aufzuweisen, die unbekümmert um daraus erwachsende
Schwierigkeiten den Begriff einer höchsten Staatsgewalt und des neu-
zeitlichen Gesetzes in Zeiten zurückverlegte, die zwar eine Rechts- und
Herrschaftsordnung in vielfältig abgestuster Form kannten, aber denen
der Begriff des Staates notwendig fremd sein mußte. Die Reduzierung
des Herrschaftsbegriffes bei Max Weber auf eine einfache Struktur, in
der Befehl und Gehorsam sich ohne Regulativ gegenüberstehen, ent-
spricht bis in die Einzelheiten den Anforderungen, die der moderne
 
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