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Historische Untersuchungen zu den Sklavenfiguren des Plautus und Terenz 587
und kein echter Widerstreit zwischen Pflicht und Neigung entsteht. Für
den Sklaven liegt der Standort schon von vornherein fest: die Freunde
des Herrn sind seine Freunde, dessen Feinde seine Feinde. So kommt es
dann, daß Rivalitäten der Herrschaft fast zwangsläufig auf die Diener
übergreifen, die sie auf niederer Ebene mit unverminderter Heftigkeit
und überlegener Zungenfertigkeit austragen1. Von allen Gegnern seiner
Herrin haßt Geta am meisten den Sklaven Syrus, den Anstifter aller
Übel. Ihm gilt die grausamste Rache: Tum autem Syrum inpulsorem,
uah, quibus illum lacerarem modis! / sublime [m] medium primuni arri-
perem et capite in terra statuerem, / ut cerebro dispergat uiam (Ter. Ad.
315ff.)2. Messenio begnügt sich nicht mit dem Vorsatz. Sobald er seinen
vermeintlichen Herrn in Gefahr sieht, eilt er ihm zu Hilfe und schlägt
die fremden Bedienten, die Menaechmus fesseln sollen, mit erstaunlicher
Bravour auf der Stelle nieder (Men. lOOlff.). Muß ein Sklave bestraft
werden, weil er seinen Herrn hintergangen hat, so genügt ein kurzes
Befehlswort aus dessen Mund, und eine ganze Schar anonymer Geister
stürzt beflissen herbei und fesselt den Übeltäter3. Genug der Beispiele.
Wir dürfen als Ergebnis festhalten, daß zu einer grundsätzlichen Auf-
lehnung gegen den eigenen Herrn oder gar zu einer Verschwörung größe-
ren Stils gegen die herrschende Klasse in der Palliata jegliche Anhalts-
punkte fehlen. Trotz aller Mühsal des Dienens erweisen sich die Bindun-
gen an den Herrn als stark genug, um ein aggressiv gerichtetes Klassen-
bewußtsein nicht aufkommen zu lassen. Wie aber verhält sich der Sklave,
wenn es ihm je gelingen sollte, die Schranken seines Standes zu durch-
brechen und in den Kreis der Freien aufgenommen zu werden? Dann
gehört es zu den sehnlichsten Wunschträumen des Unfreien von einst,
wiederum über eine stattliche Zahl von Untergebenen zu gebieten (Rud.
930). Damit beginnt für ihn selbst zwar ein neues Leben. In Wirklichkeit
jedoch hat sich nur die Perspektive verschoben. Die Probleme der Sklave-
rei bleiben nach wie vor die gleichen.

1 Vgl. das· Verhältnis von Trachalio zu Gripus (Rud.), von Pseudolus zu Harpax
(Pseud.), von Truculentus und Cyamus zu Astaphium (Truc.), von Pythias und
Parmeno (Ter. Eun.), von Geta und Syrus (Ter. Ad.).
2 Zur gegenseitigen Grausamkeit von Sklaven vgl. Mil. 315 u. ö.; Men. 303f.;
Rud. 1059; Ter. Andr. 786; Eun. 1021.
3 Vgl. Bacch. 823; Capt. 657ff.; Most. 1064ff.; Rud. 731f.; Ter. Andr. 860ff.
Auf die Frage des Sklaven, warum er gefesselt werden soll, erhält er zur Antwort:
quia lubet (862); vgl. auch Phorm. 982.

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