Historische Untersuchungen zu den Sklavenfiguren des Plautus und Terenz 641
schichtlichen Leben begegnen1. Wenn vom Praetor (Pers. 487. Pseud. 358)
und der festuca (Mil. 961) die Rede ist, handelt es sich um die feierliche
Form der Emanzipation, die auf Antrag des Besitzers vor dem Praetor
auf dem Forum stattfand, wobei dieser den Sklaven mit einem Stab
(festuca) berührte und die Freilassungsformel sprach. Diese Zeremonie
konnte aber schon deswegen nicht in aller Breite dargestellt werden, da
die Ädilen, die über die Aufführung zu wachen hatten, das Auftreten
eines römischen Magistrats auf der Bühne sicher verhindert hätten2. Die
Freilassungsszenen der Komödien vollziehen sich immer in einfacheren
Formen. Entscheidend bei dem Vorgang ist nur das Einverständnis des
Herrn, der seinen Willen durch die Formel ,liber esto‘ kundtut3. Einen
interessanten Einblick in die Schaffensweise des Plautus gibt Pers. 474f.,
wo ein leno sich brüstet: sumne probus, sum lepidus ciuis, qui Atticam
hodie ciuitatem / maxumam maiorem feci atque auxi ciui femina ? Deut-
lich erkennbar handelt es sich hier um eine Zutat des römischen Dichters,
denn nach den üblichen Bestimmungen des attischen Rechtsverfahrens
wurde der Freigelassene nicht in den Bürgerstand aufgenommen, was
in Rom der Fall war4 5. Daß es dem Dichter nicht darum ging, das römische
Freilassungsverfahren mit all seinen Formalitäten und seinen juristischen
Konsequenzen systematisch darzustellen, sollte sich von selbst verstehen0.
Vielmehr sollte die ganz willkürliche Vermischung von römischen und
griechischen Bestandteilen dazu beitragen, die Situationskomik zu er-
höhen und das Interesse des Publikums durch Anknüpfung an vertraute
Vorstellungen wach zu halten. Diesem Zweck dient auch die Anspielung
in Amphitr. 462: ego hodie raso capite caluos capiam pilleum. Wird der
Sklave freigelassen, so läßt er sich den Kopf glattscheren, setzt den Frei-
heitshut (pilleus) auf und richtet dann ein Dankgebet an die Götter
(Pers. 447). Von diesem Brauchtum ist auch in anderen Quellen die Rede6.
1 Vgl. die Stellensammlung bei O. Fkedershausen, a. O. S. 31ff.; G. W. Leffing-
well, S. 87 f.; Μ. Kaser, a. O. S. 101 f. 252.
2 Vgl. L. Peknard, a.O. S. 67; zustimmend O. Fredershausen, a. O. S. 33.
3 Vgl. Epid. 730. Men. 1148; Ter. Ad. 969f.
4 Vgl. B. Büchsenschutz. a.O. S. 180f.; L. Beauchet, a.O. II, S. 480ff.;
O. Fredershausen, a.O. S. 34f.
5 Vgl. jedoch L. Pernard, a.O. S. 69.
6 Vgl. die Belege bei R. Kreis—v. Schaewen, pilleus, RE 20,2 (1950), Sp. 1328ff.
Für weitere Einzelzüge aus dem Bereich des Sklavenrechts in der Palliata sei auf
O. Fredershausen, a.O. S. 19ff. verwiesen.
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schichtlichen Leben begegnen1. Wenn vom Praetor (Pers. 487. Pseud. 358)
und der festuca (Mil. 961) die Rede ist, handelt es sich um die feierliche
Form der Emanzipation, die auf Antrag des Besitzers vor dem Praetor
auf dem Forum stattfand, wobei dieser den Sklaven mit einem Stab
(festuca) berührte und die Freilassungsformel sprach. Diese Zeremonie
konnte aber schon deswegen nicht in aller Breite dargestellt werden, da
die Ädilen, die über die Aufführung zu wachen hatten, das Auftreten
eines römischen Magistrats auf der Bühne sicher verhindert hätten2. Die
Freilassungsszenen der Komödien vollziehen sich immer in einfacheren
Formen. Entscheidend bei dem Vorgang ist nur das Einverständnis des
Herrn, der seinen Willen durch die Formel ,liber esto‘ kundtut3. Einen
interessanten Einblick in die Schaffensweise des Plautus gibt Pers. 474f.,
wo ein leno sich brüstet: sumne probus, sum lepidus ciuis, qui Atticam
hodie ciuitatem / maxumam maiorem feci atque auxi ciui femina ? Deut-
lich erkennbar handelt es sich hier um eine Zutat des römischen Dichters,
denn nach den üblichen Bestimmungen des attischen Rechtsverfahrens
wurde der Freigelassene nicht in den Bürgerstand aufgenommen, was
in Rom der Fall war4 5. Daß es dem Dichter nicht darum ging, das römische
Freilassungsverfahren mit all seinen Formalitäten und seinen juristischen
Konsequenzen systematisch darzustellen, sollte sich von selbst verstehen0.
Vielmehr sollte die ganz willkürliche Vermischung von römischen und
griechischen Bestandteilen dazu beitragen, die Situationskomik zu er-
höhen und das Interesse des Publikums durch Anknüpfung an vertraute
Vorstellungen wach zu halten. Diesem Zweck dient auch die Anspielung
in Amphitr. 462: ego hodie raso capite caluos capiam pilleum. Wird der
Sklave freigelassen, so läßt er sich den Kopf glattscheren, setzt den Frei-
heitshut (pilleus) auf und richtet dann ein Dankgebet an die Götter
(Pers. 447). Von diesem Brauchtum ist auch in anderen Quellen die Rede6.
1 Vgl. die Stellensammlung bei O. Fkedershausen, a. O. S. 31ff.; G. W. Leffing-
well, S. 87 f.; Μ. Kaser, a. O. S. 101 f. 252.
2 Vgl. L. Peknard, a.O. S. 67; zustimmend O. Fredershausen, a. O. S. 33.
3 Vgl. Epid. 730. Men. 1148; Ter. Ad. 969f.
4 Vgl. B. Büchsenschutz. a.O. S. 180f.; L. Beauchet, a.O. II, S. 480ff.;
O. Fredershausen, a.O. S. 34f.
5 Vgl. jedoch L. Pernard, a.O. S. 69.
6 Vgl. die Belege bei R. Kreis—v. Schaewen, pilleus, RE 20,2 (1950), Sp. 1328ff.
Für weitere Einzelzüge aus dem Bereich des Sklavenrechts in der Palliata sei auf
O. Fredershausen, a.O. S. 19ff. verwiesen.
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