2. Die Reaction gegen Josephs I! Resormen.
^as Schicksal hat es Kaiser Joseph nicht vergönnt, in dem Glauben
an den Sieg seiner Grundsätze zu sterben. Noch in seinen letzten Lebeus-
tagen mußte er, entmuthigt durch die Kriegsunfälle, der Empörnng in
den einzelnen Prodinzen hilflos gegenüberstehend, durch die „Undankbar-
keit" des Volks verbittert, von allen Rathgebern verlassen, die wichtigsten
Nenerungen widerrufen nnd an das unt so großer Zuversicht begonnene
Werk selbst die zerstörende Hand anlegen. Offen legt er in der berühmten
Resolution vom 28. Jannar 1790 das Bekenntniß seiner Jrrthümer ab:
„Jch Habe Aendernngen in der Verwaltnng vorgenommen blos in der
Absicht, durch dieselben das allgemeine Wohl zn fördern und in der Hoff-
nung, daß das Volk nach naherer Prüfnng sich mit denselben befrennden
werde. Nun ich aber die Ueberzengung gewonnen, daß das Volk die
alten Zustände vorziehe, seine ganze Glückseligkeit in denselben suche und
finde, so gebe ich seinen Wünschen nach nnd erkläre die Verwaltungs-
sormen, wie ich sie bei meinem Regierungsantritte vorfand, wieder zn
Rechte bestehend." War es auch würdevoller und ehrenhafter, den zwi-
schen dem Kaiser nnd einem großen Theile der Bevölkerung vorhandenen
Zwiespalt aufrichtig darzulegen, als sich hinter Ausflüchte zn verschan-
zen, wie es die Regierung Leopolds II bei der Rücknahme Josephinischer
Gesetze gewöhnlich that: das Schmerzliche, mit einem Federzuge die Be-
mühungen einer zehnjährigen Thätigkeit ausstreichen zu müssen, wurde
dadurch nicht vermindert.
Wenige Wochen nach dem Tode des Kaisers war bereits in allen
Provinzen das von ihm durchgeführte Regierungsspstem in ein lockeres,
nnzusammenhängendes Stückwerk verwandelt, und viele Hände bemüht,
das Gerüste, ans welches das alte Oesterreich sich geftiitzt, wieder auszn-
richten. Die reichste Thätigkeit entwickelten natürlich die Provinzialstände.
Zehn lange Jahre zur völligen Machtlosigkeit vernrtheilt, suchten sie jetzt
durch verdoppelten Eifer das Versäumte nachzuholen, durch feste Begrün-
^as Schicksal hat es Kaiser Joseph nicht vergönnt, in dem Glauben
an den Sieg seiner Grundsätze zu sterben. Noch in seinen letzten Lebeus-
tagen mußte er, entmuthigt durch die Kriegsunfälle, der Empörnng in
den einzelnen Prodinzen hilflos gegenüberstehend, durch die „Undankbar-
keit" des Volks verbittert, von allen Rathgebern verlassen, die wichtigsten
Nenerungen widerrufen nnd an das unt so großer Zuversicht begonnene
Werk selbst die zerstörende Hand anlegen. Offen legt er in der berühmten
Resolution vom 28. Jannar 1790 das Bekenntniß seiner Jrrthümer ab:
„Jch Habe Aendernngen in der Verwaltnng vorgenommen blos in der
Absicht, durch dieselben das allgemeine Wohl zn fördern und in der Hoff-
nung, daß das Volk nach naherer Prüfnng sich mit denselben befrennden
werde. Nun ich aber die Ueberzengung gewonnen, daß das Volk die
alten Zustände vorziehe, seine ganze Glückseligkeit in denselben suche und
finde, so gebe ich seinen Wünschen nach nnd erkläre die Verwaltungs-
sormen, wie ich sie bei meinem Regierungsantritte vorfand, wieder zn
Rechte bestehend." War es auch würdevoller und ehrenhafter, den zwi-
schen dem Kaiser nnd einem großen Theile der Bevölkerung vorhandenen
Zwiespalt aufrichtig darzulegen, als sich hinter Ausflüchte zn verschan-
zen, wie es die Regierung Leopolds II bei der Rücknahme Josephinischer
Gesetze gewöhnlich that: das Schmerzliche, mit einem Federzuge die Be-
mühungen einer zehnjährigen Thätigkeit ausstreichen zu müssen, wurde
dadurch nicht vermindert.
Wenige Wochen nach dem Tode des Kaisers war bereits in allen
Provinzen das von ihm durchgeführte Regierungsspstem in ein lockeres,
nnzusammenhängendes Stückwerk verwandelt, und viele Hände bemüht,
das Gerüste, ans welches das alte Oesterreich sich geftiitzt, wieder auszn-
richten. Die reichste Thätigkeit entwickelten natürlich die Provinzialstände.
Zehn lange Jahre zur völligen Machtlosigkeit vernrtheilt, suchten sie jetzt
durch verdoppelten Eifer das Versäumte nachzuholen, durch feste Begrün-