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Springer, Anton
Geschichte Österreichs seit dem Wiener Frieden 1809: in zwei Theilen (Band 1): Der Verfall des alten Reiches — Leipzig, 1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.29905#0285
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2. Der Sieg iiber den LiberaLismus.

Älit der freudigen Hoffnung, für alle Ruheliebenden und Genuß-
füchtigen sei das goldene Zeitalter angebrochen, hatten sich die Fürsten
und Diplomaten zum Wiener Congresfe versammelt. Schon während
seiner Dauer mochten leise und laute Zweifel über das Gelingen der
Aufgabe fich regen, am Schlusfe desfelben waren die Gebildeten im Bolke
wie die Eifrigen in den Regierungskreifen darüber einig, daß ein tieferFrie-
den, eine gründliche Ordnung der politischen Verhältnisfe nicht erreicht sei.
Jene Sehnfucht bewegte besonders stark die österreichischen Staatsmänner,
desto bitterer war daher ihre Enttäuschung, als sie sich von dem Ziele so
weit entfernt sahen. Das Gefühl geringer Besriedigung machte sich selt-
samer Weise bei dem Manne am schärfsten geltend, welcher auf dem Con-
gresse selbst eine der hervorragendsten Rollen gespielt. Gentz*) schildert in
einem Ueberblicke der Ereignisse des Jahres 1814 die öffentlichen Zustände
im trübsten Lichte, und findet die Aussicht auf die Zukunft überaus bedenklich.
Die Schuld daran aber schiebt er auf die Mittelmäßigkeit und Unfähigkeit
der europäischen Staatslenker, die ihm als die erbärmlichsten Wesen er-
scheinen. Gentz hat die hochgestellten Politiker Oesterreichs von diesem
wegwerfenden Urtheile nicht ausgenommen, ja wäre er ein besserer Oester-
reicher gewesen, so hätte er den Tadel für sie noch besonders schärsen
müssen. Was sie thaten und was sie zn thun unterließen, beides ladet
ihnen die schwerste Schuld an der späteren Ohnmacht Oesterreichs ans.
Nach den langen Kriegsjahren, welche die Krast und das Geld des Volks
völlig aufgebraucht, mußte es als die erste Ausgabe der Regierung gelten,
die Kräfte des Volkes wieder zu sammeln, die Hilfsquellen des Landes

Gentz' Tagcbücher S. 352.
 
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