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Springer, Anton
Geschichte Österreichs seit dem Wiener Frieden 1809: in zwei Theilen (Band 1): Der Verfall des alten Reiches — Leipzig, 1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.29905#0148
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n. i. Kaiser Franz und Metternich.

Menschen, oder wie es Adam Müller zarter ausdrückte, leidende ganz
hingebende Organe mn sich; wer ihm widersprach, auf eine eigene Mei-
nung Anspruch machte, wurde in die weiteste Entfernung zurückgeschoben.
Jn Wiener Kreisen erzählte man sich eine diese Verhältnisse trefflich zeich-
nende Anekdote. Fürst Franz Dietrichstein, welcher 1809 den unerträg-
lich gewordenen Staatsdienst aufgab, traf im Theater einen Freund, und
wies ihm den gegenübersitzenden Metternich mit den Worten: „Kein be-
deutender Kopf, aber er laßt sich zu Allem brauchen." Gleich daraus
sprach der Fremde in der Loge des Ministers vor, der ihn nun wieder
aus den Fürsten Dietrichstein aufmerksam machte, mit der Bemerkung:
„Ein sehr bedeutender Kopf, aber man hat ihn zu nichts brauchen kön-
nen." Wie der bedeutende K'opf Dietrichsteins, so mußten noch viele an-
dere tüchtige Männer seiern und mit verschränkten Armen der Herrschaft
der Feigen, Schlechten und Kleinen zusehen. Als Stein in Oesterreich
heimischer geworden war, schrieb er lApril 1810) bestürzt an Pozzo di
Borgo: „Alles läuft hier auf Handarbeit oder Müssiggang oder Bureaup
oder Garnisonen hinaus; und diese Bureaup beschäftigen sich allein mit
der Anwendung eines Shstemes plumper verworrener Förmlichkeiten, die
jeden Augenblick die freie Thätigkeit des Menschen aufhalten, um an de-
ren Stelle Massen von Papier und die nichtige Dummheit oder Faul-
heit zu setzen." *) Diesen Zustand noch mehr auszubilden und zu ver-
ewigen, war das Hauptziel des Regenten und seines mächtigsten Rath-
gebers.

1 Pertz, Leben des Freiherrn von Stein. II. S. 433.
 
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