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Das Nachleben der Antike im Mittelaltcr.

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dert schcidet auf künstlerischcm Gebiete zwei Weltalter; jeuscits
dcsselben in der mittelalterlichen Wclt waltet als bezeichnender
Zug die Unkenntniß der Antike, diesscits dagegen wird die Knnst
des klassischen Alterthnms den Zeitgenossen als Muster zur Nach-
ahntnng anfgestellt nnd durch den begeistertcn Cultus der Antike
der Umschwung der Knnst und ihr Aufschwnng znr höchsten
Blüthe bewirkt. Wenn eine Thatsache so beharrlich, so allgemein
als wahr behanptet wird, geräth man leicht in die Versnchnng
sie glänbig anznnehmen. Jn diesem Falle treten noch sachliche
Gründe hinzu, nm das Mißtranen gegen die Richtigkeit der
Ansicht znrückznweisen. Spricht nicht aus jedem Bildwerke des
Mittelaltcrs, aus den krausen Formcn, dein verzerrten Ansdrncke,
der mangelhaften Zeichnnng die gewattsame Abkehr von dem
antiken Jdeale, predigen nicht die Worte und Thaten hervor-
ragender Manner des Mittelalters unverholen den Knnsthaß nnd
Verachtnng des Altcrthnms?

Da ist z. B. der Abt Eadmer von St. Albans, welcher
ansgegrabene Erzbilder als heidnische Jdole nnbarmherzig zer-
schlagen laßt. Mit großer Seelenrnhe erzählt Matthäns Paris
diese That, ühnlich wie ein anderer Mönchschronist mit sicht-
blirem Wohlgefallen versichert, die Kaiserin Theophann müsse
ihre Vorliebe für die Künste des Lnxns im Fegefener abbüßen.
Wie abfällig sich der Vater des Cistereienserordens, der h. Bern-
hard über den Gebrauch des profanen plastischen Schmnckes
an Kirchenbauten ansspricht, ist bekannt genng. Ebenso dentet
es keine hohe Achtnng vor dem klassischen Alterthume an, wenn
ciner der angesehenstcn Wortsührer des Mittelalters, Petrns
Damiani, das Stndinm der lateinischen Sprache mit einem nn-
sittlichcn Liebesverhältnisse vergleicht oder wenn in der Zeichen-
sprache, deren sich die Benediktinermönche bedicnten, als Zeichen
für cin klassisches Bnch das Kratzen hinter dem Ohre, wie es
Hunde zn thnn pflegen, angegebcn wird. Das stand in gntem
Einklange mit der Aenßcrnng eines päpstlichen Legaten im
zehnten Jahrhnndcrt, welcher die Geistlichen eindringlich warnt,
Pkato, Virgil, Terenz nnd das andere Philosophenvieh (estsro^
p66vck68 pbilo.80s)l>orumi als Lehrer zn achten. Aber dann
darf anch nicht vergessen werden, daß am Hofc Leo's X.'ein
angesehcner, gelehrter Kardinal, Adriano Castellesi, Plato und
Aristoteles als Höllenpack schildert nnd ein Sprichwort des
 
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