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Springer, Anton; Osborn, Max [Hrsg.]
Handbuch der Kunstgeschichte (Band 5): Das 19. Jahrhundert — Leipzig, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.30792#0027
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2. David und seine Schule.

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Kunstwerke soll man aber den kritisch erwägenden, grübelnden Künstler nicht bemerken. Die
Wahrheit der Darstellung wird erst erreicht, wenn sie sich gleichsam von selbst ergibt, ganz
natürlich und notwendig erscheint. Doch darf auch der Effekt der beiden kontrastierenden
Handlungen der schwörenden Horatier und der klagenden Frauen, die Richtigkeit der Zeichnung,
die Klarheit aller Bewegungen, der gemessene Ernst des Ausdrucks nicht gering angeschlagen
werden. Noch vor dem Ausbruch der Revolution malte David das Brutusbild. Der Konsul


10. Die Marquise d'Orvilliers, von I. L. David.

Paris, Privatbesitz.

hat die Hinrichtung seiner Söhne befohlen und läßt, nachdem er die patriotische Pflicht erfüllt,
nun auch das natürliche Gefühl des Vaters gelten. Er sitzt in Schmerz versunken zu Füßen
der Statue Roms, die Weiber brechen in laute Klagen aus, im Hintergründe sind die Leich-
name der Söhne sichtbar; das Bild bewegt sich in demselben Geleise wie der Schwur der
Horatier. Die Revolution steigerte dann Davids äußeres Ansehen. Er schloß sich der sieg-
reichen Partei leidenschaftlich an und gehörte zu den Fanatikern des Konvents. Obschon aber
seine Stimme in allen Sachen der Kunst, bei der Anordnung der öffentlichen Feste, bei der
Einrichtung der Kunstanstalten unbedingte Autorität besaß, so stockte doch sein eigentliches
künstlerisches Wirken. Das interessanteste Denkmal seiner Tätigkeit aus dieser Zeit ist die
„Ermordung Marats" (Abb. 9). Unter dem unmittelbaren Eindruck des Ereignisses geschaffen,
 
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