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Springer, Anton; Osborn, Max [Hrsg.]
Handbuch der Kunstgeschichte (Band 5): Das 19. Jahrhundert — Leipzig, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.30792#0028
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Erster Abschnitt: 1750—1819.


11. Gerechtigkeit und Rache, von P. P. Prud'hon. Paris, Louvre.

ist es natürlich aufgefaßt; auch hält es sich streng an die Wahrheit und gibt die abschreckende
Häßlichkeit Marats vollkommen treu wieder. Die Schreckenszeit der Revolution erwies sich
der Kunst trotz den pomphaften Worten, die man von ihrer Regeneration machte, durchaus
ungünstig. Ein Paar oberflächliche Symbole und frostige Allegorien genügten, den offiziellen
Kunstbedarf zu decken. Auch nach dem Sturz des Terrorismus, unter dem Direktoire, besserten
sich die Kunstzustände nicht. Man braucht nur zu beobachten, wie diese Jncroyables und Merveil-
leufen sich trugen, um sich von der Lächerlichkeit der Anmaßung zu überzeugen, jetzt sei die
Zeit des reinen Griechentums gekommen. Eine Wandlung im Geschmack, die auch auf David
Einfluß übte, wird dennoch bemerkbar. Entsprechend dem gesteigerten Einfluß der Frauen in
der geselligen Welt wurde die Frauenschönheit für die höchste erklärt und, was damit zusammen-
hängt, die Darstellung des Nackten als lockendste Aufgabe der Kunst gepriesen. Davids Raub
der Sabinerinnen, nach fünfjähriger Arbeit 1800 vollendet und unter begeisterten: Beifall öffent-
lich ausgestellt, zeigt den Umschwung der künstlerischen Anschauungen. Die Frauen, welche
die Kämpfer trennen, spielen in der Szene die Hauptrolle, auf die korrekte Wiedergabe der
nackten Körper wird das Hauptgewicht gelegt. Mit diesen: Werk erreichte David den Höhe-
punkt seiner Wirksamkeit. Er galt zwar auch während des Kaiserreichs unbestritten als der
erste Maler und genoß Napoleons Gunst und Achtung in hohem Maße. Außer Zeremonien-
bildern, z. B. Napoleons Krönung, malte er auch den Kaiser, wie er auf feurigem Rosse seinen
Soldaten den Weg über die Alpen zum Siege weist, und schuf viele tüchtige Porträts, unter
denen das Bildnis der Marquise d'Orvilliers (Abb. 10) durch einfach natürliche, wahre Auf-
fassung besonders hervorragte. Doch verstand er nicht mehr den: klassischen Stil, dessen Herr-
schaft er begründet, neue Seiten abzugewinnen; die alte Art verlor immer mehr an Lebens-
kraft. Vollends als David 1816, weil er im Konvent für den Tod Ludwigs XVI. gestimmt
 
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