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Springer, Anton; Osborn, Max [Hrsg.]
Handbuch der Kunstgeschichte (Band 5): Das 19. Jahrhundert — Leipzig, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.30792#0311
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5. Die historischen Stile in Plastik, Architektur und Kunstgewerbe.

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Spitze Deutschlands marschierte. Die andern Städte folgten seinem Beispiel. 1865 entstand
die „Gewerbehalle in Karlsruhe", 1867 das „Gewerbemuseum in Berlin", 1868 das „Rheinisch-
westfälische Museum für Kunst und Industrie" in Köln; andere Orte schlossen sich in rascher
Folge an. Es wurden Schulen, Vereine, Zeitschriften gegründet. Die Pariser Weltausstellung
im Jahre 1867 zeigte Deutschland allerdings noch ganz im Nachtrab. Dann erst konnten sich
in Wien die ersten Resultate der angestrengten Arbeit offenbaren, und ein Jahr nachdem das
Österreichische Museum in Ferstels Neubau übergefiedelt war, 1873, gab die Wiener Welt-
ausstellung Zeugnis von dem, was man inzwischen geleistet hatte. Reichsdeutschland stand da-
gegen arg zurück.
Der Erfolg dieser Bestrebungen war in allen Ländern der gleiche: technisch ward ein

291. Das Kapitol zu Washington, von Thornton.


Fortschritt erzielt, aber in den Formen gab man sich den Stilen der Vergangenheit bedingungs-
los hin. In den Wohnungen der Wohlhabenden sah es aus wie im Atelier des Historien-
malers, der die Dinge, die auf feinen Gemälden eine Rolle zu spielen hatten, zu einer wirren
Sammlung vereinigte. Wie sich in der Künstlerwerkstatt charakteristische Erzeugnisse aller
Jahrhunderte zusammendrängten, orientalische Gobelins und italienische Brokate, Renaissance-
schränke, -Truhen und -Stühle, mittelalterliche Rüstungen, antike Helme und ziselierte Schwerter,
kleine Kästchen aus Leder oder Metall, Amulette, Halsketten, Zinnkrüge und kostbare Gläser,
reichverzierte Barockmöbel und lustige Rokokospiegel, — so schuf sich auch der Fürst und der
Bürger aus seinen Zimmern je nach seinen pekuniären Kräften permanente kleine kunsthistorische
Ausstellungen. Eine Zeitlang wurden unter dem Einfluß Napoleons III. namentlich die alten
Boullemöbel aus der Epoche Ludwigs XIV. mit ihren eingelegten Ornamenten aus Schildplatt,
 
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