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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — Wien, 1.1913

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II. Lieferung (Juni 1913)
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Fortschritte und Rückschritte im Galerienwesen
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https://doi.org/10.11588/diglit.20638#0047
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greiflicherweise in vielen Fällen mit der Schwierigkeit, riesige Wand-
flächen, die höchstens für Gobelins und nicht für Staffeleigemälde passen,
geschickt mit Oaleriebildern zu behängen. Wer Bilder in großen Aus-
stellungsräumen oder in anderen weiträumigen Örtlichkeiten gehängt hat,
wird diese Schwierigkeit nicht verkennen. Ich könnte nur Unterteilungen
empfehlen mit leicht angedeuteten Lisenen, oder anderen Trennungsstreifen.
Dadurch würde die Schwierigkeit wenigstens umgangen. Vielleicht kann
man im Saal der späten Venezianer noch nachbessern, ohne die halbe
Galerie auf Monate, wie früher schon einmal, unzugänglich zu machen.
Noch ist nicht die ganze Galerie umgeordnet. Deshalb wird eine
kritische Bemerkung über die färbelung der Wände noch möglicher-
weise Beachtung finden können. Ich knüpfe an die Abschnitte an, die von
der Dresdener Galerie handeln. Jede ausgesprochene Farbe der Bilder-
wand beeinträchtigt die Wirkung sehr wesentlich. Je feiner empfindend das
Auge des Betrachters, desto mehr stört die Farbe im Anstrich, Rot ebenso
wie Grün und Blau und Violett und Gelb. Die Physiologie des Sehens
hat längst ermittelt, daß nur Schwarz und Grau den Bildern als Umgebung
wohl bekommt. Von Schwarz wird man gewöhnlich absehen, da es die
herkömmliche Farbe von Leichenwagen, Trauertüchern und ähnlichem ist.
Aber theoretisch Grau wäre zu wagen, hell, dunkel, gleichmäßig, graulich
gemustert. Versuchsweise für kleine Wände wäre auch schwarzer Anstrich
mit grauer Umrahmung oder Unterteilung vorzuschlagen. Und da einmal
das Wort: versuchsweise gefallen ist, will ich mit einem Vorschlag nicht
zurückhalten. — Im großen und ganzen sind die Umhängungen in den
großen Galerien, soweit sie oben berührt worden sind, doch nur Versuche
und das größtenteils mißglückte Versuche. Nun die Frage: Mußten für
solche Versuche immer sogleich ganze oder halbe Galerien umgestaltet
werden? Man gestaltete allerdings die Galerien um, damit die Bilder lockerer
hängen als früher, um dadurch den Genuß des einzelnen Bildes zu er-
leichtern und das Hereinwirken der Nachbarschaft abzuschwächen. Praktisch
das, auch unpraktisch, wie man's nimmt. Davon noch später. Durch die
mehr lockere Verteilung der Bilder wird mehr Wandfläche sichtbar, und
die Farbigkeit der Wand stört um so mehr. Versuche dieser Art kann man
im kleinen mit guten, den besten, und schlechten Bildern machen. Es wäre
für kunstfreundliche Besucher sogar ganz lehrreich und anregend, z. B. die
Correggios der Dresdener Galerie ab und zu einzeln für genaueres Studium
in kleineren Räumen zu sehen, wo man die Farbe des Wandbehanges
leicht wechseln, die Beleuchtung dem Bilde anpassen könnte. Ein erhöhter
Kunstgenuß wäre damit angebahnt und überdies hätte man eine Stelle, an
der bestimmte Erfahrungen über optische Wirkungen verschiedener Art zu
machen wären. Jede große Galerie möge solche Kapellen intimer
Kunstandacht und zugleich Stätten wissenschaftlicher Versuche
einrichten. Dann braucht man nicht mehr unverhältnismäßig viel Mühe
an mißglückte Versuche mit großen Umgestaltungen zu wenden. Man wird
in der Kapelle lernen, was den Bildern frommt. Dort können die Gemälde
versuchsweise völlig abgesondert werden, vor jeder störenden Nachbar-
schaft geschützt. Dort kann man, stets unter der Geschmackskontrolle des
mannigfach begabten Publikums Bildergruppen in ihrer Wirkung versuchen.
Dabei wird es sich zeigen, daß mehrere Bilder recht wohl nahe beiein-
 
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