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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — Wien, 1.1913

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V. und VI. Lieferung (Mai 1914)
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Eine Neuerwerbung der Sammlung Matsvanszky in Wien: zum Farbendruck
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https://doi.org/10.11588/diglit.20638#0156
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EINE NEUERWERBUNG DER SAMMLUNG MATSVANSZKY IN WiEN-
(Zum Farbendruck.)
in der Versteigerung des Österreichischen Kunstvereines vom 14. Mai
1912 ist ein vorzügtiches maiiändisches Biid: Johannes der Täufer in Halb-
figur vorgekommen, das woh! mit Recht den Namen Bernardino Luini
führte. Bei der Auktion unverkauft, obwohi die unterste Grenze des Ver-
kaufspreises nur mit 12.000 Kronen angegeben war, ist das Biid später,
ich weiß nicht um weichen Betrag, in die Sammlung Matsvanszky gelangt.
Der breite Mund des Johannes und die großbogig geschwungenen Augen-
braueniinien, die von einer auffallend breiten Nasenwurzel ausgehen, die
Bildung der Finger von runden, weichen Formen verraten alle die Hand
des Bernardino Luini, und zwar des reifen, selbständigen Künstlers, wie
sehr auch noch die Kunst Lionardos mittelbar darin nachwirkt. Das
Johannesbild ist gut erhalten, sitzt auf altem Pappelholz und weißem Grunde.
Auf meine Veranlassung wurden mehrere alte Übermalungen entfernt, um
bei der Beurteilung sicherer zu gehen. (H. 43, Br. 37 c//z.) Immerhin ist noch
stellenweise eine neuere Farbenschicht zurückgeblieben, was gewiß besser
ist, als wenn beim Abnehmen das erhaltene Alte gelitten hätte. Ohnedies
haben frühere Reiniger des Gemäldes die Lasuren nicht geschont.
Es gibt ein Schwesterbild zu dieser Johannesdarstellung. Ich meine
die Halbfigur der Heiligen Katharina von Alexandrien in der Kopenhagener
Galerie. Als sich jenes Katharinenbild noch beim Kardinal Valenti befand,
aus dessen Besitz es 1763 in die königlich dänische Gemäldesammlung
überging, galt es noch als ein Werk des großen Lionardo. Gegenwärtig
zweifelt niemand daran, daß Luini der richtige Name dafür ist. (Vgl. Hoet
und Terwesten, Hl, Seite 204, Nr.28, als Lionardo da Vinci im Versteigerungs-
katalog der Sammlung Valenti. ln den neueren Katalogen der Kopenhagener
Galerie als Luini, auch im Katalog von Karl Madsen aus dem Jahr 1904,
der auch die wesentlichen Literaturangaben bringt. Ebenfalls als Luini
behandelt und abgebildet in der Zeitschrift »L'Arte« von 1901 in einem
Arlikel von Gustavo Frizzoni und wiederum als Luini bei Mario Krohn in
dem Buch Htalienske Billeder i Danmark« [1910], wo auch die alten Ko-
pien in Windsor und Budapest abgebildet sind. Eine kleine Abbildung
auch in dem Heftchen »64 Autotypier af G. Pauli efter Vilh. Tillges Foto-
grafier fra den kgl. Malerisamling« (ohne Jahreszahl). Es gibt auch eine
dänische Bildkarte mit Luinis Katharina aus der Kopenhagener Galerie.
B. Berenson hat das Gemälde in sein Verzeichnis als Luini aufgenommen
[vgl. »North-italian painters of the renaissance«, 1907, S. 247]. Vgl. auch
G. C. Williamson: B. Luini, S. 109.)
Ein weiteres Schwestergesicht zum Johannes bei Matsvanszky ist die
Maria auf dem allgemein anerkannten Luini der Louvregalerie Nr. 1353
(heilige Familie). Hieher gehört auch die Maria auf der Madonna mit
dem schlummernden Jesuskind wieder im Louvre (Nr. 1354). Verwandt-
schaftlich mutet auch an Sancta Agatha in der Galerie Borghese, ein
kleines Bild, das der Schule des Luini zugewiesen wird, aber in den
Händen ganz meisterhaft behandelt ist.
Die Art und Weise, den Knoten des Gewandes zu bilden, ist ja
sicher beim Johannesbild nicht eigentlich charakteristisch für Luini, doch
 
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