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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 2.1915-1916

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V. und VI. Lieferung
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Frimmel, Theodor von: Mitteilungen aus der alten Galerie Saint-Saphorin
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https://doi.org/10.11588/diglit.27902#0100
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sein. Ein, mit Rubens gemeinsam, trefflich gemaites Paradies von Jan Brueghei
gehört zu den meistbekannten Biidern des Mauritshuis im Haag, wo sich
überdies ein zweites: Paradies der Erde, von Jan Brueghei aiiein, befindet.
Dieses Biid ist erst nach 1817 in die erwähnte Galerie eingereiht worden
und könnte ailenfaiis das Bruegheische Paradies sein, das vorher bei Saint-
Saphorin gewesen. Die Angelegenheit der Paradiesbilder von Jan Brueghei
ist übrigens ein kunstgeschichtliches Wespennest, an dem ich mich heute
vorbeidrücke/) Desgleichen gehe ich diesmal einem weitführenden Studium
der Marattischen Madonnen aus dem Wege Dagegen versuche ich es, einen
Rembrandt aus der Galerie Saint-Saphorin nachzuweisen, den man bisher nur
durch ein nicht gutes, aber äußerst seltenes Schabkunstblatt von J. Bernard
kannte. Es stellt den Maler selbst dar. Rembrandts Kopf, beziehungsweise
Brustbild. Mund und Augen stark geöffnet Halstuch an der rechten Seite (also
links im Bilde) gekreuzt. Dichtes dunkles Haar. Scharfe Beleuchtung von links
oben her auf Nase und Wange. Gesichtszüge, die zum jungen Rembrandt
gegen 1630 passen. Ich vermute, daß wir diesen Saint-Saphorinschen Rem-
brandt in dem Bilde wiederzuerkennen haben, das aus der Sammlung
Lubomirski in Galizien bei Bode-Sedelmeyer im großen Rembrandt-Werk
(Band VH1, S. 60, Nr. 546) abgebildet und besprochen ist. Über die Her-
kunft des Bildes wird dort nichts mitgeteilt, doch hat seither De Groot in
seinem Verzeichnis der Werke holländischer Maler (Band Vi, S. 239) die
Vermutung ausgesprochen, das Bild sei 1783 aus P. Locquets Sammlung in
Amsterdam versteigert worden. De Groot erwähnt auch Kopien, die 1893
in Köln und Paris und 1908 in St. Petersburg aufgetaucht sind. Bestätigt
sich die Nachricht von den Kopien, die ich noch nicht überprüft habe, so
muß man mit der Möglichkeit rechnen, daß Saint-Saphorin etwa eine Kopie
besessen hätte und nicht das Original, das bei Lubomirski nachgewiesen
ist. Indes weist ein Umstand, der noch weiter unten zu erörtern ist (siehe
den Abschnitt über Schalcken), darauf hin, daß mehrere Gemälde aus Saint-
Saphorinschem Besitz an die fürstliche Familie Lubomierski gelangt sind.
Überdies weiß man, daß Saint-Saphorin eine Zeitlang dänischer Botschafter
in Polen gewesen war. Dies alles spricht laut genug für meine Vermutung.
Wenn man von der Roheit und Verständnislosigkeit des Bernardschen Blattes
absieht, erscheint es durchaus als Wiedergabe des Rembrandt, der viel
später als Bestandteil der Lubomirskischen Galerie bekannt geworden ist.
Bernard und Saint-Saphorin scheinen noch nicht gewußt zu haben, daß sie
es mit einem Autoporträt Rembrandts zu tun hatten. Denn auf dem ge-
schabten Blatt Bernards ist nur die Rede von einer: Tete de caractere [ich
*) Die Künstlerlexika bringen darüber wenig oder gar nichts, ln den meisten Dar-
stellungen dieser Art wird man einen losgelösten Bestandteil aus einer Reihe der vier
Elemente zu erblicken haben. Die Wege dieser Bilder sind gewiß nicht leicht mit Be-
stimmtheit zu ermitteln. Von dem Bild, das im 18. Jahrhundert bei de ia Court van
der Voort gewesen, wird z. B. einmal angegeben, es sei nach Windsor gelangt, wo-
gegen es die Kataloge des Mauritshuis im Haag für sich in Anspruch nehmen
(vgl. Reveil et Duchesne: „Musee de peinture", VH (1830, wo auf die älteren Stiche
von Heath und Midimann hingewiesen wird). Nur wenig wird auch von den Hand-
büchern für Geschichte der flandrischen Malerei geboten (zu beachten A. J. Wauters:
La peinture flamande, S. 320, und die bekannten Bücher von Rooses und Van den
Branden. Überdies Woltmann und Woermann: Geschichte der Malerei, H, S. 394.
Für besondere Zusammenstellungen zu beachten Mireur: Dictionnaire des ventes, 1,
S. 461 ff.).
 
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