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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 4.1918/​1919

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Mitteilungen über den Maler J. Charles Roettiers
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https://doi.org/10.11588/diglit.52777#0137
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auch von M. Rooses, Van den Branden, Wauters und anderen Gelehrten,
die über südniederländische Künstler gearbeitet haben. Nach dieser Richtung
müßte man ja suchen, da Roettiers dem Stil nach und dem Namen nach
kaum anderswoher als aus den südlichen Niederlanden abstammen kann.
Die Familie war sicher keine französische. J. Charles Roettiers hängt augen-
scheinlich mit der Antwerpner Gruppe der beiden Quellinus und des Anton
Schonjans zusammen. Ich mache auf den geschickten Künstler an dieser
Stelle aufmerksam, um eingehende Studien über ihn anzuregen. Freilich
befaßt sich die jüngere Generation der Kunstgelehrten gegenwärtig not-
gedrungen mehr mit Kunsthandel als mit mühevollen, brotlosen Forschungen.
Vorläufig kann ich zum Anfang der Studien über J. Charles Roettiers nur
folgendes bieten:
Es gibt eine Menge Künstler mit demselben oder ganz ähnlichem Zu-
namen: Roettier, Routier, Rottier. Über den Medailleur Joseph R. und den
Bildhauer Jakob R. ist manches in der Literatur zu finden. Jakob wird in
den Antwerpner Liggeren auch einmal als Maler erwähnt. Doch kann dieser
Jakob Roettiers nicht mit unserem J. (Ch.) Roettiers zusammenfallen, da von
unserem Maler ein Werk aus dem Jahr 1726 bekannt ist, wogegen Jakob R.
schon im Liggerenjahr 1720 auf 1721 gestorben ist*). Auch der Maler Gabriel
Roettiers, der als Schüler Jan Nools 1686 auf 1687 urkundlich in der Ant-
werpner Malergilde erwähnt wird, kann begreiflicherweise, seines Vornamens
wegen, nicht unser J. Ch. Roettiers sein. Nun wird in den Liggeren noch
ein Roettiers ohne Vornamen erwähnt, der sich im Vereinsjahr 1724 auf
1725 die Erlaubnis erkaufte, an der Antwerpner Börse Bilder verkaufen zu
dürfen. Eingetragen sind 3 Gulden und 51/! Stüber „ontfange van mynheer
. . . Rotiers, om permissie te hebben om op de Börse schilderyen te mögen
vercoopen“. Vielleicht war dieser Rotiers unser J. Charles R. Man könnte
etwa vermuten, daß er 1725 von Antwerpen fortziehen und vorher seine
Bilder verkaufen wollte. Doch ist das alles beim Mangel des Vornamens,
ja sogar ohne ausdrücklichen Hinweis auf den Malerberuf des „mynheer
. . . Rotiers“ höchst unsicher.
Das Werk des J. Charles Roettiers von 1726, das oben erwähnt worden,
ist das Altarbild: Sankt Vincencius Ferrerius erweckt einen Toten, das eine
der meistbedeutenden Zierden der Wiener Dominikanerkirche bildet. Nach
P. Edm. M. Prantner „Die Dominikanerkirche in Wien“ (1912, S. 42) ist
das Bild links unten signiert und datiert: „Eques de Roettiers inv. et pinxit
a(nn)o 1726.“ Prantner teilt auch (sicher nach Urkunden) mit, daß dieses
Altarbild eine Stiftung des Malers ist.
In der Wiener Dominikanerkirche befindet sich auch das Grabmal
unseres Roettiers. Schade, daß die Inschrift zugrunde gegangen ist. Das
Grabmal befindet sich liturgisch rechts nahe dem Haupteingang der Kirche,
und zwar über einer Seitentür in die Wand eingemauert. Es ist ein üppig
ausgestattetes Werk der Plastik mit einem hochoval geformten Bildnis, einem
Brustbild in starkem Relief. Außen allerlei Anspielungen auf den Malerberuf,
wie Palette, Malerstock, Pinsel. Zwei große Putten, Kinderengel, beleben
die untere Hälfte. Wie angedeutet, ist auf der Cartouche für die Inschrift
nichts zu finden, das für mein Auge leserlich wäre. Der Vorratim, wo sich

) Dazu Rombouts und Van Lerius: Liggeren II. Bd., nach Register.

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