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Vidman a S. Canzian.“*) Ich fand den Stich, bei Paris Bordone eingereiht,
in der Wiener Hofbibliothek. Daß nicht Paris Bordone, sondern nur Seba-
stien Bourdon gemeint sein kann, geht nicht nur aus der ganzen Kompo-
sition hervor, die mit Bordones Kunst nichts zu schaffen hat, sondern auch
aus dem Titel „Monsü“ (das ist nichts als das italisierte: Monsieur), der in
italienischen Texten niemals vor italienischen, sondern nur vor französischen,
höchstens noch spanischen Namen vorkommt. In dem Buch über Bourdon
von Ponsonailh ist der Stich übersehen ebenso wie das Gemälde. Die
venezianische Sammlung Widmann enthielt bedeutende Meisterwerke. Ridolfi
erwähnt als Bestandteile jener Sammlung Werke von Palma Vecchio, Tizian,
Andrea Schiavone, Bonifazio, Jacopo da Ponte, Paolo Veronese, auch von
Paris Bordone (darunter damals noch keine Aussetzung Mosis). Durch
Boschini Carta del navegar pittoresco (S. 674) erfährt man, daß bei Vidman
gegen 1660 ein Bild mit den drei Grazien von Varotari zu sehen war. Der
Dosso Dossi bei Lanckoronski in Wien ist auf Vidmanschen Besitz zurück-
zuführen. Ein Jan Lys aus der Sammlung Vidman ist durch P. Monaco
gestochen worden (es ist Judith mit dem Haupt des Holofernes), und was
sich sonst noch auffinden ließe, um sich einen Begriff von dem Rang der
Sammlung zu bilden. Für uns genügen die Andeutungen, um daraus zu
entnehmen, daß der Sebastien Bourdon sich bei Vidman in guter Gesell-
schaft befunden hat. Vor kurzem habe ich das Bild wiedergesehen bei Herrn
Fritz Mondschein in Wien. Lippay teilte mir in den 1890er Jahren mit, daß
dieser Bourdon aus venezianischem hochadligen Besitz herkommt. Fr.
EIN SIGNIERTER AMERLING VOM JAHRE 1834.
(Zur Abbildung auf Tafel XLII.)
Ein Mädchen in altdeutscher Gewandung steht und betet vor einem
Bildstöckl, von dem rechts die Steineinfassung und Blumenschmuck sichtbar
sind. Vor allem wirksam hebt sich die lichte Gestalt des Mädchens von dem
tief eisenblauen Himmel ab, dessen Dunkel gegen den Hintergrund sich lichtet
und durch einige schmale gelbliche Lichtstreifen unterbrochen wird. Das Rot
des Leibchens und der Gürtelschnur, das gelbe Band im braunen, geschei-
telten Haar, das grauweiße Kleid mit den schön gebauschten Ärmeln und
die schwarzen Samtärmelstutzen bilden mit dem zartesten rosa Fleischton und
dem feurigen Rot einiger Blumen einen Farbenzusammenklang, für den Amer-
ling in dieser Zeit sehr eingenommen gewesen sein muß. So erinnert daran
das Bildnis des Knaben Erzherzog Franz Josef in rotem Rock und weißer
Hose, das in diese Zeit fällt; die Behandlung der Büge des Kleides erinnert
an das Bildchen seiner schlafenden Ludmilla von 1838, das bei der Auktion
des Nachlasses zu sehen war. Rechts unten in der Steineinfassung zeichnete
Amerling, ins Nasse einkratzend, seinen Namen mit der Jahreszahl 1834.
*) Der lange Titel des Stiches und die erklärende Bibelstelle lauten: „La com-
passione ed il pianto della madre di Mose Bambino in procinto di esporlo nel fiume
e di perderlo.“ — „Quae concepit et peperit filium (Mosen) et videns eum elegantem,
abscondit. . . . Cumque jam celare non posset, sumpsit. Fiscellam scirpeam . . . ponitque
intus infantulum et exposuit eum in carecto ripae fluminis. Exod. II. V. 2, B.“
Vidman a S. Canzian.“*) Ich fand den Stich, bei Paris Bordone eingereiht,
in der Wiener Hofbibliothek. Daß nicht Paris Bordone, sondern nur Seba-
stien Bourdon gemeint sein kann, geht nicht nur aus der ganzen Kompo-
sition hervor, die mit Bordones Kunst nichts zu schaffen hat, sondern auch
aus dem Titel „Monsü“ (das ist nichts als das italisierte: Monsieur), der in
italienischen Texten niemals vor italienischen, sondern nur vor französischen,
höchstens noch spanischen Namen vorkommt. In dem Buch über Bourdon
von Ponsonailh ist der Stich übersehen ebenso wie das Gemälde. Die
venezianische Sammlung Widmann enthielt bedeutende Meisterwerke. Ridolfi
erwähnt als Bestandteile jener Sammlung Werke von Palma Vecchio, Tizian,
Andrea Schiavone, Bonifazio, Jacopo da Ponte, Paolo Veronese, auch von
Paris Bordone (darunter damals noch keine Aussetzung Mosis). Durch
Boschini Carta del navegar pittoresco (S. 674) erfährt man, daß bei Vidman
gegen 1660 ein Bild mit den drei Grazien von Varotari zu sehen war. Der
Dosso Dossi bei Lanckoronski in Wien ist auf Vidmanschen Besitz zurück-
zuführen. Ein Jan Lys aus der Sammlung Vidman ist durch P. Monaco
gestochen worden (es ist Judith mit dem Haupt des Holofernes), und was
sich sonst noch auffinden ließe, um sich einen Begriff von dem Rang der
Sammlung zu bilden. Für uns genügen die Andeutungen, um daraus zu
entnehmen, daß der Sebastien Bourdon sich bei Vidman in guter Gesell-
schaft befunden hat. Vor kurzem habe ich das Bild wiedergesehen bei Herrn
Fritz Mondschein in Wien. Lippay teilte mir in den 1890er Jahren mit, daß
dieser Bourdon aus venezianischem hochadligen Besitz herkommt. Fr.
EIN SIGNIERTER AMERLING VOM JAHRE 1834.
(Zur Abbildung auf Tafel XLII.)
Ein Mädchen in altdeutscher Gewandung steht und betet vor einem
Bildstöckl, von dem rechts die Steineinfassung und Blumenschmuck sichtbar
sind. Vor allem wirksam hebt sich die lichte Gestalt des Mädchens von dem
tief eisenblauen Himmel ab, dessen Dunkel gegen den Hintergrund sich lichtet
und durch einige schmale gelbliche Lichtstreifen unterbrochen wird. Das Rot
des Leibchens und der Gürtelschnur, das gelbe Band im braunen, geschei-
telten Haar, das grauweiße Kleid mit den schön gebauschten Ärmeln und
die schwarzen Samtärmelstutzen bilden mit dem zartesten rosa Fleischton und
dem feurigen Rot einiger Blumen einen Farbenzusammenklang, für den Amer-
ling in dieser Zeit sehr eingenommen gewesen sein muß. So erinnert daran
das Bildnis des Knaben Erzherzog Franz Josef in rotem Rock und weißer
Hose, das in diese Zeit fällt; die Behandlung der Büge des Kleides erinnert
an das Bildchen seiner schlafenden Ludmilla von 1838, das bei der Auktion
des Nachlasses zu sehen war. Rechts unten in der Steineinfassung zeichnete
Amerling, ins Nasse einkratzend, seinen Namen mit der Jahreszahl 1834.
*) Der lange Titel des Stiches und die erklärende Bibelstelle lauten: „La com-
passione ed il pianto della madre di Mose Bambino in procinto di esporlo nel fiume
e di perderlo.“ — „Quae concepit et peperit filium (Mosen) et videns eum elegantem,
abscondit. . . . Cumque jam celare non posset, sumpsit. Fiscellam scirpeam . . . ponitque
intus infantulum et exposuit eum in carecto ripae fluminis. Exod. II. V. 2, B.“