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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 4.1918/​1919

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Frimmel, Theodor von: Die Wiener Galerie Gottfried Preyer in Amerika
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Frimmel, Theodor von: Ein Sebastien Bourdon im Wiener Privatbesitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.52777#0156

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dem Bilde blickt, eine Fernsicht von Fontainebleau — rechts in der Ferne
das Schloß — und ein kleines Hühnerbild waren allein eine Reihe, die hoch-
bedeutend genannt werden mußte. Th. Rousseaus ebene Landschaft mit
den Eichen im Mittelgrund lebt mir als Farbenwunder ersten Ranges in der
Erinnerung. Das Bild neigte eher zur Feinheit und Zartheit. Dagegen war
Jules Dupres Landschaft mit dem Bauernwagen eine Art Kraftprobe des
kühnen Pinsels. Bedeutende Werke von J. B. Corot (so der Ausblick auf
Genua), von Virgilio Narcisso Diaz („Waldinneres“, „Herbstlandschaft“
und „Rosen“) fanden mit Recht viele Bewunderer, und zwei flott hingewor-
fene Arbeiten von Ch. Fr. Daubigny (eine Skizze und eine durchgebildete
Arbeit: „Dorf mit Windmühlen am Wasser“) erregten geradewegs das Ent-
zücken der Kenner. Zierden der Sammlung waren auch eine Landschaft und
eine Studie zum „Troubadour“ von Thomas Couture, ferner zwei Stim-
mungsbilder von Fr. Ziem. Ein gutes Beispiel der Kostümmalerei von Ferd.
Roybet (ein Herr in der Landsknechttracht des 17. Jahrhunderts, der einen
Pokal in der Hand hält) reihte sich an. Eugene Fromentins „Rast in der
Wüste* war für die etwas süße Art dieses Künstlers sehr bezeichnend.
Alles in allem können wir in Wien nur bedauern, daß uns von der
Farbenpracht der Preyerschen Galerie nur die Schatten erhalten sind in den
allerdings wohlgelungenen Löwyschen Photographien. Nicht einmal ein be-
schreibendes Verzeichnis haben wir zur Verfügung. Ich mußte mich auf An-
deutungen beschränken, da erst bessere Zeiten abzuwarten sind, um einen
ausführlichen Katalog aus dem fernen Westen zu erhalten.
Wien, September 1919.

EIN SEBASTIEN BOURDON IM WIENER PRIVATBESITZ.
Ein bedeutendes beglaubigtes Werk des Sebastien Bourdon, das die
Aussetzung des Moses darstellt, wurde vor etwa dreißig Jahren durch den
Maler Berthold Lippay, später päpstlichen Hofmaler Conte di Lippay, aus
Venedig nach Wien gebracht. Es hat seither mannigfache Schicksale durch-
gemacht und wiederholt den Besitzer gewechselt. Zunächst war es mit vielen
anderen Gemälden an Herrn Simon Nagel in Wien verpfändet worden. Die
gerichtliche Schätzung des ganzen Bilderbesitzes wurde einmal durch Cubasch
in Wien ausgeführt, aber gewiß mit Recht als zu niedrig angefochten.
Denn neben vielen unbedeutenden Bildern befanden sich doch auch gute,
ja vorzügliche Sachen darunter. Dann wurde die Schätzung einem Kunst-
händler, H. O. Miethke, und einem Kunstgelehrten, es war meine Wenigkeit,
anvertraut, die zu einem wesentlich anderen Ergebnis der Bewertung ge-
langten, als sie vorher Cubasch geboten hatte.
Der Bourdon wie die übrigen Gemälde des Lippay-Nagelschen Be-
sitzes konnten damals, soweit es ihr Zustand erlaubte, genau studiert werden.
Für den Bourdon habe ich schon damals ermittelt, daß er sich ehedem in
Widmannschem Besitz zu Venedig befunden hat. Das Bild ist nämlich als
Bestandteil der Sammlung Vidman (so schrieb man den Namen der ursprüng-
lich kärntnerischen Familie in Venedig) von Pietro Monaco gestochen. Die
Inschrift lautet: „Pittura di Monsii Bordon posseduta dalla nobil famiglia
 
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