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KOPIEN FRIEDRICH GAUERMANNS UND WALDMÜLLERS NACH ALTEN
MEISTERN.
Kopien nach alten Kunstwerken sind der Kunstgeschichte willkommen.
Unter Umständen sind sie sogar von großer Wichtigkeit, wenn nämlich die
Urbilder verloren sind. Die klassische Archäologie weiß davon genug zu
erzählen, und die neuere Kunstgeschichte schätzt in ihrer Art ebenso die
Nachbildungen von Meisterwerken, sofern diese seither zerstört worden
sind. Reihen von Beispielen wären unschwer aufzuzählen. Sogar alte Kopien
nach Werken, die noch vorhanden sind, werden geschätzt und das um so
mehr, je näher sie dem Original in der Ausführung, Schulüberlieferung und
Entstehungszeit stehen.
Für die Gemäldekunde, wie in anderen Fächern, haben Kopien über-
haupt eine gewisse Bedeutung als Lehrstoff, zunächst durch die Vergleichung
mit noch vorhandenen Urbildern, dann noch aus allerlei anderen Gründen.
Schlechte Kopien sind für den Anfänger die lehrreichsten. Denn sie zeigen
die Unsicherheit der Nachbildung durch ein Schwanken der Manier an ver-
schiedenen Stellen, die im Urbild gleichartig behandelt sind. Der schwache
Kopist mußte sich erst üben, und das gelang ihm nicht im ersten Anlauf,
sondern führte zur Abwechslung von mißglückten und leidlich gelungenen
Stellen. Auch die Vereinigung von geschickter Komposition (aus dem Vor-
bild entnommen) und ungeschickter Mache (in der Kopie) fällt auf. Hat
man einmal durch Vergleichungen von Kopien und Originalen diese Kenn-
zeichen erfaßt, so darf man bescheidene Rückschlüsse auch in Fällen
wagen, in denen das Original nicht neben die Kopie gebracht werden
kann. Die Art der Kopien ist übrigens in mannigfachster Weise verschieden
je nach dem Temperament und der Stufe des Könnens beim Kopisten und
je nach der Kunstverwandtschaft zwischen dem nachgebildeten und dem
nachbildenden Künstler. Bei schwacher Begabung des Kopisten ist das Ab-
geleitete der Arbeit zumeist rasch und sicher nachzuweisen. Gewiß findet
man auch den Unterschied bald heraus zwischen der schwachen Kopie und
der mißglückten oder flüchtigen Arbeit eines starken Könners. Denn auch
die minder gelungenen Arbeiten eines Meisters zeigen doch immer eine
gewisse Einheitlichkeit in der Ausführung und dabei viele technische Zu-
sammenhänge mit vorzüglichen Werken desselben Künstlers. Die künstleri-
schen Nachlässe bieten in dieser Beziehung viel Bemerkenswertes. Man
prüfe nur die Sicherheit der Benennungen nach der Sauberkeit der Hände,
durch die solche Nachlässe gegangen sind, und schütze sich vor unter-
schobenen Werken.
Neben den ungezählten geringen Kopien gibt es auch vorzügliche
spätere Nachbildungen, die augenscheinliche Schwächen des Vorbildes in
wahrem Sinn des Wortes verbessern, oder auch solche, die in bewunderns-
werter Weise Strich für Strich, Ton für Ton dem Urbild nachempfinden.
Diese sind schwieriger als Kopien zu erkennen. Das ist ja für die Ästhetik
nicht von großem Belang, da doch die Wirkung der Kopie kaum zu unter-
scheiden ist von der des Originals. Sogar der Kunstmarkt nähert sich gelegent-
lich einigermaßen dieser Anschauung und zahlt ziemlich hohe Preise für
vorzügliche alte Kopien. Aber Käufer von historischem Sinn wollen nur
wahrhaft Echtes erwerben. Nun kann aber eine Kopie auch für die histo-
KOPIEN FRIEDRICH GAUERMANNS UND WALDMÜLLERS NACH ALTEN
MEISTERN.
Kopien nach alten Kunstwerken sind der Kunstgeschichte willkommen.
Unter Umständen sind sie sogar von großer Wichtigkeit, wenn nämlich die
Urbilder verloren sind. Die klassische Archäologie weiß davon genug zu
erzählen, und die neuere Kunstgeschichte schätzt in ihrer Art ebenso die
Nachbildungen von Meisterwerken, sofern diese seither zerstört worden
sind. Reihen von Beispielen wären unschwer aufzuzählen. Sogar alte Kopien
nach Werken, die noch vorhanden sind, werden geschätzt und das um so
mehr, je näher sie dem Original in der Ausführung, Schulüberlieferung und
Entstehungszeit stehen.
Für die Gemäldekunde, wie in anderen Fächern, haben Kopien über-
haupt eine gewisse Bedeutung als Lehrstoff, zunächst durch die Vergleichung
mit noch vorhandenen Urbildern, dann noch aus allerlei anderen Gründen.
Schlechte Kopien sind für den Anfänger die lehrreichsten. Denn sie zeigen
die Unsicherheit der Nachbildung durch ein Schwanken der Manier an ver-
schiedenen Stellen, die im Urbild gleichartig behandelt sind. Der schwache
Kopist mußte sich erst üben, und das gelang ihm nicht im ersten Anlauf,
sondern führte zur Abwechslung von mißglückten und leidlich gelungenen
Stellen. Auch die Vereinigung von geschickter Komposition (aus dem Vor-
bild entnommen) und ungeschickter Mache (in der Kopie) fällt auf. Hat
man einmal durch Vergleichungen von Kopien und Originalen diese Kenn-
zeichen erfaßt, so darf man bescheidene Rückschlüsse auch in Fällen
wagen, in denen das Original nicht neben die Kopie gebracht werden
kann. Die Art der Kopien ist übrigens in mannigfachster Weise verschieden
je nach dem Temperament und der Stufe des Könnens beim Kopisten und
je nach der Kunstverwandtschaft zwischen dem nachgebildeten und dem
nachbildenden Künstler. Bei schwacher Begabung des Kopisten ist das Ab-
geleitete der Arbeit zumeist rasch und sicher nachzuweisen. Gewiß findet
man auch den Unterschied bald heraus zwischen der schwachen Kopie und
der mißglückten oder flüchtigen Arbeit eines starken Könners. Denn auch
die minder gelungenen Arbeiten eines Meisters zeigen doch immer eine
gewisse Einheitlichkeit in der Ausführung und dabei viele technische Zu-
sammenhänge mit vorzüglichen Werken desselben Künstlers. Die künstleri-
schen Nachlässe bieten in dieser Beziehung viel Bemerkenswertes. Man
prüfe nur die Sicherheit der Benennungen nach der Sauberkeit der Hände,
durch die solche Nachlässe gegangen sind, und schütze sich vor unter-
schobenen Werken.
Neben den ungezählten geringen Kopien gibt es auch vorzügliche
spätere Nachbildungen, die augenscheinliche Schwächen des Vorbildes in
wahrem Sinn des Wortes verbessern, oder auch solche, die in bewunderns-
werter Weise Strich für Strich, Ton für Ton dem Urbild nachempfinden.
Diese sind schwieriger als Kopien zu erkennen. Das ist ja für die Ästhetik
nicht von großem Belang, da doch die Wirkung der Kopie kaum zu unter-
scheiden ist von der des Originals. Sogar der Kunstmarkt nähert sich gelegent-
lich einigermaßen dieser Anschauung und zahlt ziemlich hohe Preise für
vorzügliche alte Kopien. Aber Käufer von historischem Sinn wollen nur
wahrhaft Echtes erwerben. Nun kann aber eine Kopie auch für die histo-