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DIE GEMÄLDESAMMLUNG IN DER WIENER AKADEMIE DER BILDENDEN
KÜNSTE IST WIEDER ERÖFFNET. — DIE ALBERTINA WIEDER ZU-
GÄNGLICH.
Die Akademiegalerie in Wien ist in der ersten Augusthälfte wieder er-
öffnet worden, wenigstens zum Teil. Während des Weltkrieges war sie an-
fangs noch zu sehen. Dann nach dem Ableben des Kustos Gerisch wurde
sie geschlossen für den allgemeinen Besuch und nur Fachleute des engsten
Kreises hatten Zutritt. Zur Zeit der italienischen Gefahr hatte man gar nahezu
alle Bilder von den Wänden genommen, wodurch sie überhaupt mit ver-
schwindenden Ausnahmen nicht sichtbar waren. Nun ist aber mit der Ein-
richtung der Galerie wieder ein Anfang gemacht worden nach langem Ver-
suchen, das bis in die Zeit bald nach dem Tode des früheren Kustos
zurückreicht, also jahrelang gedauert hat. Gegenwärtig bekommt man in dem
mit neuen zweckmäßigen Zwischenwänden versehenen Hauptraum wieder
viele der bedeutendsten Gemälde zu Gesicht, so das Rembrandtsche Bildnis,
den A. de Gelder, den B-Fabritius, das Boreasbild von Rubens, die zwei
sicheren Jordaens, das Familienbildnis, das man jetzt in Gottes Namen als
P. de Hooghe gelten läßt, den N. Maes, Jan Lys, Everdingen, einige Ruis-
dael, den Murillo, Carefio, die Guardis, womit einige Andeutungen gemacht
sind. Unter den Bildern der Ruisdaelgruppe befindet sich auch die berühmte
Plankenlandschaft, deren falsche Signatur längst kritisch als Zutat erkannt
worden und deren Urheber sicher Gerrit van Hees und nicht der große
Ruisdael ist. Der angebliche Salomon van Ruysdael hat mit diesem Künstler
nichts zu schaffen, und da wir nun schon bei auswählender Beurteilung an-
gelangt sind, sei auch das große Bild mit dem trunkenen Silen, das uns
jetzt als Rubens vorgestellt wird, entschieden abgelehnt. Das meiste, wenn
nicht alles, ist von Schülerhand, und zwar nicht von der besten. Ich komme
demnächst auf die akademische Gemäldesammlung eingehend zu sprechen*)
und möchte heute nur einiges über die neue Aufstellung vorbringen. Gar
wohltätig werden die meisten Besucher davon berührt werden, daß in der
Verteilung der Bilder künstlerischer Sinn gewaltet hat. Dabei ist mir
aber nicht recht verständlich, warum ein grünlicher Wandanstrich gewählt
worden ist, der notwendigerweise alle grünen Töne in den Bildern um-
bringt. Man kann es nicht oft genug wiederholen, daß als Hintergrund für
Gemäldesammlungen nur die vielen Stufen zwischen Weiß und Schwarz
tauglich sind, und daß farbiger Grund nur dann paßt, wenn er eigens für
ein einziges Bild als zutreffend herausgefunden worden ist. Für Galerien
passen also farbige Wände sicher nicht. Denn was in dieser Farbigkeit dem
einen Bild zu vorteilhafterer Wirkung verhilft, schadet oft unmittelbar da-
neben einem zweiten und dritten. Der Einheitlichkeit wegen dürfte man ja
nicht ein Stück der Wand z. B. blau färbeln, andere rötlich, gelblich usf.
Noch dazu ist es Raumverschwendung, an eine Wand nur ein Bild zu
*) Dies liegt mir insofern nahe, als der Band meiner „Geschichte der Wiener
Gemäldesammlungen“, der die Wiener Akademie behandelt, gegen zwanzig Jahre alt
und längst vergriffen ist. Als ich ihn (1900) vorbereitete und zu Papier brachte, war
es mir viel mehr um die Ermittlung der Herkunft der Bilder, als um ihre Benennung
zu tun. Jahr für Jahr sind seit jener Zeit neue Forschungsergebnisse zu beachten ge-
wesen. Ich suche also eine Gelegenheit, allerlei Nachträge und Änderungen anzubringen.
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DIE GEMÄLDESAMMLUNG IN DER WIENER AKADEMIE DER BILDENDEN
KÜNSTE IST WIEDER ERÖFFNET. — DIE ALBERTINA WIEDER ZU-
GÄNGLICH.
Die Akademiegalerie in Wien ist in der ersten Augusthälfte wieder er-
öffnet worden, wenigstens zum Teil. Während des Weltkrieges war sie an-
fangs noch zu sehen. Dann nach dem Ableben des Kustos Gerisch wurde
sie geschlossen für den allgemeinen Besuch und nur Fachleute des engsten
Kreises hatten Zutritt. Zur Zeit der italienischen Gefahr hatte man gar nahezu
alle Bilder von den Wänden genommen, wodurch sie überhaupt mit ver-
schwindenden Ausnahmen nicht sichtbar waren. Nun ist aber mit der Ein-
richtung der Galerie wieder ein Anfang gemacht worden nach langem Ver-
suchen, das bis in die Zeit bald nach dem Tode des früheren Kustos
zurückreicht, also jahrelang gedauert hat. Gegenwärtig bekommt man in dem
mit neuen zweckmäßigen Zwischenwänden versehenen Hauptraum wieder
viele der bedeutendsten Gemälde zu Gesicht, so das Rembrandtsche Bildnis,
den A. de Gelder, den B-Fabritius, das Boreasbild von Rubens, die zwei
sicheren Jordaens, das Familienbildnis, das man jetzt in Gottes Namen als
P. de Hooghe gelten läßt, den N. Maes, Jan Lys, Everdingen, einige Ruis-
dael, den Murillo, Carefio, die Guardis, womit einige Andeutungen gemacht
sind. Unter den Bildern der Ruisdaelgruppe befindet sich auch die berühmte
Plankenlandschaft, deren falsche Signatur längst kritisch als Zutat erkannt
worden und deren Urheber sicher Gerrit van Hees und nicht der große
Ruisdael ist. Der angebliche Salomon van Ruysdael hat mit diesem Künstler
nichts zu schaffen, und da wir nun schon bei auswählender Beurteilung an-
gelangt sind, sei auch das große Bild mit dem trunkenen Silen, das uns
jetzt als Rubens vorgestellt wird, entschieden abgelehnt. Das meiste, wenn
nicht alles, ist von Schülerhand, und zwar nicht von der besten. Ich komme
demnächst auf die akademische Gemäldesammlung eingehend zu sprechen*)
und möchte heute nur einiges über die neue Aufstellung vorbringen. Gar
wohltätig werden die meisten Besucher davon berührt werden, daß in der
Verteilung der Bilder künstlerischer Sinn gewaltet hat. Dabei ist mir
aber nicht recht verständlich, warum ein grünlicher Wandanstrich gewählt
worden ist, der notwendigerweise alle grünen Töne in den Bildern um-
bringt. Man kann es nicht oft genug wiederholen, daß als Hintergrund für
Gemäldesammlungen nur die vielen Stufen zwischen Weiß und Schwarz
tauglich sind, und daß farbiger Grund nur dann paßt, wenn er eigens für
ein einziges Bild als zutreffend herausgefunden worden ist. Für Galerien
passen also farbige Wände sicher nicht. Denn was in dieser Farbigkeit dem
einen Bild zu vorteilhafterer Wirkung verhilft, schadet oft unmittelbar da-
neben einem zweiten und dritten. Der Einheitlichkeit wegen dürfte man ja
nicht ein Stück der Wand z. B. blau färbeln, andere rötlich, gelblich usf.
Noch dazu ist es Raumverschwendung, an eine Wand nur ein Bild zu
*) Dies liegt mir insofern nahe, als der Band meiner „Geschichte der Wiener
Gemäldesammlungen“, der die Wiener Akademie behandelt, gegen zwanzig Jahre alt
und längst vergriffen ist. Als ich ihn (1900) vorbereitete und zu Papier brachte, war
es mir viel mehr um die Ermittlung der Herkunft der Bilder, als um ihre Benennung
zu tun. Jahr für Jahr sind seit jener Zeit neue Forschungsergebnisse zu beachten ge-
wesen. Ich suche also eine Gelegenheit, allerlei Nachträge und Änderungen anzubringen.
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