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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 4.1918/​1919

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Frimmel, Theodor von: Kopien Friedrich Gauermanns und Waldmüllers nach alten Meistern
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Frimmel, Theodor von: Der Maler Otto de Boer bei Beethoven
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https://doi.org/10.11588/diglit.52777#0037

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wechseln Zu allem Überfluß hat der junge Künstler noch die erklärende
Inschrift hingesetzt: „Q. F.Waldmüller pinxit 1819, nach Guido Reni“
(dunkle Züge rechts unten; arabische Ziffern, sonst lateinische Pinsel-
kursive).
In späteren Jahren wurde Waldmüller ein abgesagter Feind alles Ko-
pierens nach alten Meistern, und seinen Schülern widerriet und verbot er
solches ausdrücklich. So leicht hatte er vergessen, daß er doch seine virtuose
Technik und Pinselsicherheit dem sorgfältigen Kopieren zu verdanken hatte
Nutzanwendung auf heutige Malerei ist kaum sehr erwünscht. Die meisten
modernen Richtungen verzichten mit Absicht auf technisches Können und
würden sich auch sonst nur schwer in der Weise der alten, reifen Kunst
zurechtfinden. Wenn ein ganz Moderner überhaupt auf alte Kunst zurück-
greift, so ist das gewöhnlich irgend eine frühe Stufe oder eine überreife Er-
scheinung, die ihm zur Nachahmung anregen. Mit dem Kopieren nach
einem Ruisdeal oder Guido Reni ist’s da nichts. Fr.

DER MALER OTTO DE BOER BEI BEETHOVEN.
In den Gesprächsbüchern, die der taube Beethoven im letzten Jahr-
zehnt seines Lebens benutzen mußte, um Mitteilungen von anderen im per-
sönlichen Verkehr zu erhalten, gibt es noch viele Stellen, die bisher ohne
Erläuterungen geblieben sind. Dazu gehören auch die schriftlichen Antworten
eines Besuchers aus Holland, den der große Musiker am 2. August des Jahres
1825 empfing. Beethovens Fragen muß man sich, wie fast in allen diesen
Konversationsheften, nach dem Sinn ergänzen. Der Holländer, dem Beethoven
wohl das Schreibheft hingereicht hatte, stellte sich schriftlich vor*): „de Boer,
Mitglied der Akademie in Amsterdam.“ Beethoven fragt nun, ob er einer
musikalischen Akademie angehöre. Der Besuch notiert „Bildende Künste“.
Beethoven fragt nun vielleicht, was er in Wien mache und was ihn zu ihm
führe. Der Holländer mag einiges zur Umgebung gesprochen haben, etwa,
daß er auch Musiker sei, und als Bruchstück seiner Antworten findet sich
noch folgendes im Gesprächsheft: „Gestern mit Herrn Schuppanzigh Quartett“
— ferner „Ihr Fidelio hat in Amsterdam viel Plaisier gethan“ — „Ihre währste
quartetti machen viel Vergnügen. — Erhabener Styl — Ich habe express die
Reise gemacht, Ihnen zu sehen. — Zemira, Azor von Spohr seht man mit
viel Vergnügen — Seichen“ [offenbar für: Zeichen] „von gut Gefühl — In
Amsterdam Krieg unter die Liebhaber über Rossini — Für mir ein Genius“.
— Beethoven mag nun eine Bemerkung über das geringe Gewicht mancher
Rossinischen Arie oder anderer Kompositionen geäußert haben. Der Holländer
lenkt ein: „Ohne wahre Gelehrtheit — Läßt jemand mit Bravour Arie
sterben. — Er sollte grösser sein, wenn er weniger hat geschrieben. —
„Wer viel spricht, ist ein Narre.“ Jemand aus der Gesellschaft schreibt nun,
damit Beethoven die Wendung sogleich erfahre, ins Heft, und zwar: „Haben
Sie von England, von Neate nichts gehört?“ Der Holländer sagte dann wohl,

*) Den Text gebe ich nach Kerst: Die Erinnerungen an Beethoven. Der Kom-
mentar ist von mir.
 
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