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Einen Aart v. der Neer, der nach Angabe des Besitzers alt und
eigenhändig monogrammiert war, konnte ich niemals unter günstigen Bedin-
gungen untersuchen.
Den Namen Frans Hals wollte ich bei dem Knabenbildnis (ein
Junge mit roter Mütze, etwa halb lebensgroß, blickt lächelnd gegen den
Beschauer) nicht geradezu anerkennen. Ich dachte an Judith Leyster, wie
ich denn auch einen sogenannten A. Cuyp: Die Schiffknechte mit Vorsicht
aufnahm.
Desgleichen konnte ich bei einigen Südniederländern weder volle Be-
wunderung noch unbedingte Anerkennung der Taufen zollen, worüber noch
zu reden sein wird.*) Völlig unverdächtig schien mir Van Dycks Grisaille
mit dem Barbebrustbild für Van Dycks Ikonographie (Wibiral, Nr. 20, Stich
von Schelte a Boiswert) und das Bildchen vom jüngeren David Teniers
mit dem Versehgang. Es ist dasselbe, das 1889 in der Kölner Versteigerung:
Fechenbach vorgekommen war.
Der Rubens: Magdalena, im Freien sitzend, war wohl ein altes Ant-
werpner Bild, zeigte aber nicht die Löwenklaue des großen Meisters, son-
dern mag eine alte Antwerpner Kopie nach dem großen Bild des Rubens
mit derselben Magdalenenfigur sein, das aus der Sammlung Linde zu New
York veröffentlicht ist**), und zwar bei Max Rooses im großen Rubenswerk
(II, S. 324).
Ein angeblicher Rubens: Christus vertreibt die Verkäufer aus dem
Tempel, war offenbar falsch, desgleichen ein angeblicher Van Dyck mit
Puttenfiguren. Beide Bilder gehörten zu den letzten nicht geglückten An-
käufen Preyers.
Zwei Bildchen von älteren niederländischen Meistern, Eine Ruhe
auf der Flucht und eine Kleine Madonna, sind mittleren Ranges. Die Ma-
donna ist sicher nicht von Memlingk, wie es Preyer wollte, und die Ruhe
auf der Flucht vielleicht nicht von Patenier selbst, doch gewiß aus seiner
Zeit und Richtung. Preyer blieb bei der Benennung Patenier.
Das fesselnde Frauenbildnis, das Preyer als Holbein führte, war von
einem der Porbus gemalt. Nach Gaston v. Petteneggs Bestimmung des
Wappens und der Persönlichkeit wäre die Frau eines Truchseß von Wetz-
hausen dargestellt. (Sie hält einen Rosenkranz in der Hand. Halbfigur, un-
gefähr lebensgroß. Links oben das Wappen.) Das Bild soll aus dem Besitz
der Königin Viktoria von England stammen. So meinte Preyer.
Wie schon angedeutet, waren in der Sammlung die Franzosen des
19. Jahrhunderts von großem Wert. Schon 1883 in der französischen Zeit-
schrift „L’Art“ (Bd. IV, S. 42ff. mit Radierungen von W. Unger nach Troyon)
sind sie gewürdigt worden. Und sie bildeten auch in der vielfach umgestal-
teten Sammlung, wie sie dann nach Amerika ausgewandert ist, noch immer
den Grundstock. Troyons Abstieg der Herde vom Montmartre, eine be-
rühmte Arbeit des großen Koloristen, ferner das Bild mit der Kuh, die aus
*) Kritische Bemerkungen dazu in der „Neuen Freien Presse“, 20. Februar 1902.
Die Skizze von Van Dyck schon erwähnt in der „Wiener Zeitung“ . . .
**) Kritische Angaben dazu in der Chronique des arts et de la curiosite vom
1. Juni 1901 und in der N. Fr. Presse vom 20. Februar 1902. Auch Valentiner in dem
Buch „Aus der niederländischen Kunst“, S. 161 f., schätzt es nicht hoch ein, obwohl
es im Rosenbergschen Rubens als Original abgebildet ist.
Einen Aart v. der Neer, der nach Angabe des Besitzers alt und
eigenhändig monogrammiert war, konnte ich niemals unter günstigen Bedin-
gungen untersuchen.
Den Namen Frans Hals wollte ich bei dem Knabenbildnis (ein
Junge mit roter Mütze, etwa halb lebensgroß, blickt lächelnd gegen den
Beschauer) nicht geradezu anerkennen. Ich dachte an Judith Leyster, wie
ich denn auch einen sogenannten A. Cuyp: Die Schiffknechte mit Vorsicht
aufnahm.
Desgleichen konnte ich bei einigen Südniederländern weder volle Be-
wunderung noch unbedingte Anerkennung der Taufen zollen, worüber noch
zu reden sein wird.*) Völlig unverdächtig schien mir Van Dycks Grisaille
mit dem Barbebrustbild für Van Dycks Ikonographie (Wibiral, Nr. 20, Stich
von Schelte a Boiswert) und das Bildchen vom jüngeren David Teniers
mit dem Versehgang. Es ist dasselbe, das 1889 in der Kölner Versteigerung:
Fechenbach vorgekommen war.
Der Rubens: Magdalena, im Freien sitzend, war wohl ein altes Ant-
werpner Bild, zeigte aber nicht die Löwenklaue des großen Meisters, son-
dern mag eine alte Antwerpner Kopie nach dem großen Bild des Rubens
mit derselben Magdalenenfigur sein, das aus der Sammlung Linde zu New
York veröffentlicht ist**), und zwar bei Max Rooses im großen Rubenswerk
(II, S. 324).
Ein angeblicher Rubens: Christus vertreibt die Verkäufer aus dem
Tempel, war offenbar falsch, desgleichen ein angeblicher Van Dyck mit
Puttenfiguren. Beide Bilder gehörten zu den letzten nicht geglückten An-
käufen Preyers.
Zwei Bildchen von älteren niederländischen Meistern, Eine Ruhe
auf der Flucht und eine Kleine Madonna, sind mittleren Ranges. Die Ma-
donna ist sicher nicht von Memlingk, wie es Preyer wollte, und die Ruhe
auf der Flucht vielleicht nicht von Patenier selbst, doch gewiß aus seiner
Zeit und Richtung. Preyer blieb bei der Benennung Patenier.
Das fesselnde Frauenbildnis, das Preyer als Holbein führte, war von
einem der Porbus gemalt. Nach Gaston v. Petteneggs Bestimmung des
Wappens und der Persönlichkeit wäre die Frau eines Truchseß von Wetz-
hausen dargestellt. (Sie hält einen Rosenkranz in der Hand. Halbfigur, un-
gefähr lebensgroß. Links oben das Wappen.) Das Bild soll aus dem Besitz
der Königin Viktoria von England stammen. So meinte Preyer.
Wie schon angedeutet, waren in der Sammlung die Franzosen des
19. Jahrhunderts von großem Wert. Schon 1883 in der französischen Zeit-
schrift „L’Art“ (Bd. IV, S. 42ff. mit Radierungen von W. Unger nach Troyon)
sind sie gewürdigt worden. Und sie bildeten auch in der vielfach umgestal-
teten Sammlung, wie sie dann nach Amerika ausgewandert ist, noch immer
den Grundstock. Troyons Abstieg der Herde vom Montmartre, eine be-
rühmte Arbeit des großen Koloristen, ferner das Bild mit der Kuh, die aus
*) Kritische Bemerkungen dazu in der „Neuen Freien Presse“, 20. Februar 1902.
Die Skizze von Van Dyck schon erwähnt in der „Wiener Zeitung“ . . .
**) Kritische Angaben dazu in der Chronique des arts et de la curiosite vom
1. Juni 1901 und in der N. Fr. Presse vom 20. Februar 1902. Auch Valentiner in dem
Buch „Aus der niederländischen Kunst“, S. 161 f., schätzt es nicht hoch ein, obwohl
es im Rosenbergschen Rubens als Original abgebildet ist.