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Staehlin, Rudolf
Das Motiv der Mantik im antiken Drama — Giessen: Toepelmann, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.74897#0211
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Das Motiv der Mantik im antiken Drama 201

nie gezeigt hat, beweist das eben seine abergläubischen An-
schauungen: also auch hier wieder das Motiv der Mantik zum
Teil wenigstens verwendet zur Charakterisierung. Daß die
Überlistung des Theopropides eine Szene höchster Komik
bietet, braucht kaum gesagt zu werden1. An der Form des
Traumes wird man nichts zu tadeln haben. Daß unbestattete
oder ungerächte Tote ruhelos umherirren müssen und den
Lebenden zuweilen erscheinen, ist allgemein verbreiteter
Glaube; man braucht bloß an ein homerisches Beispiel zu er-
innern — Patroklos erscheint Achilleus und bittet um schleunige
Bestattung (?T 71 ff).
Daß die nächtlicherweile erscheinende Gestalt den
Schlafenden anredet, ist die älteste, aus Homer2 bekannte
Art der Träume ".
Die Frage, ob Plautus unser Motiv selbst geschaffen hat,
ist hier leicht und sicher zu beantworten. Die griechische
Vorlage hieß ^da^a, wie eine Stelle bei Festus (S. 305 M.)
beweist. Somit dürfen wir aus dem Titel des griechischen
Originals mit absoluter Sicherheit schließen, daß auch in ihm
ein Gespenst d. h. die auf ein fingiertes Gespenst sich stützende
Intrigue eine Rolle spielte. Wir sind wohl ohne weiteres zu
dem Schluß berechtigt, daß die Existenz des Gespenstes durch
die Fiktion eines Traums glaubhaft gemacht wurde. Also
geht das Motiv der Mantik in der „Mostellaria" auf das grie-
chische Vorbild zurück4. Die Identifizierung des genannten

1 Auch der hyperkritische K. H. Weise (aaO. 145) weiß an dieser
Szene nichts auszusetzen.

2 B 22 ff.; ^ 68 ff.; J 803 ff.; ^ 24ff. u. a. m.

3 Vgl. darüber Rohde, Psyche4 I 7 und Hey aaO.

4 Wir würden auf ein griechisches Vorbild auch ohnedies schließen:
der Name „Diapontius“ allein würde kein ganz beweiskräftiges Argument
sein, obgleich der Wortwitz durchaus griechisch ist, so griechisch, daß
Plautus für sein Publikum zur Erklärung das Wort transmarinus sozusagen
als Übersetzung beifügt — auch Vergil liebt dergleichen spielerische Selbst-
interpretationen, siehe Norden, Kommentar zu Aeneis VI V.570 —; wohl aber
ist die ganz nach attischem Salz schmeckende, packende Erzählung von
der gruseln machenden Erscheinung ein sicherer Beweis und ebenso die
Übertölpelung des alten Herrn, eine Szene, die nicht umsonst dem grie-
chischen Vorbild wie der römischen Kopie den Titel gegeben hat.


 
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