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J. A. Stargardt <Berlin> [Hrsg.]
Katalog / J. A. Stargardt (Nr. 298): Autographen aus allen Gebieten, darunter über 200 unveröffentlichte Briefe und Gedichte Theodor Fontanes aus dem Besitz Bernhard von Lepels: Versteigerung Sonnabend, den 7. Dezember 1929 ... — Berlin, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.24740#0010
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Briefnachlass Bernhard von Lepels:

Fontane und sein Kreis

33 Fontane, Theodor, 1819—1898.

181 E. Br. m. U. Berlin und London 1846—1884. An Bernhard
V. Lepel, davon 9 Briefe an seine Witwe. Zusammen ca. 600 S. 40

u. 8°.

Beiliegend 3 e. Br. m. U. Fontanes an Eggers u. a., Briefe und Brief-
gedichte an Fontane und Lepel von Janke, Louis Fontane (dem Vater
des Dichters), Hesekiel, Zöllner u. a., Lepelsche Familienpapiere usw.,
insgesamt 13 Stück.

Es handelt sich um die unveröffentlichten Briefe Fontanes an

Bernhard v. Lepel, also um das Gegenstück zu den 1910 von Eva A. v.
Arnim herausgegebenen Briefen Lepels an Fontane.

Die Bedeutung dieser Briefe, die einen Zeitraum von 40 Jahren
einnehmen, ist für die Erforschung des Lebens Fontanes eine so
ausserordentliche, dass die Behauptung nicht zu kühn erscheint,
erst und nur auf Grund dieser Briefe kann die Kenntnis des Lebens
Fontanes in seinem entscheidendsten Zeitraum als abgeschlossen gelten.

Zur Begründung dieser Behauptung sei folgendes angeführt:
An keinen seiner Freunde hat Fontane auch nur annähernd so viel
Briefe geschrieben, wie an Lepel, und in keiner anderen Brieffolge hat
sich Fontane so rückhaltlos offenbart, so völlig „gehen lassen“, wie
in diesen Briefen an den fast gleichaltrigen, seinen besten Freund, ,,an
dessen Seite“ Fontane „durch mehr als 40 Jahre gegangen“ ist. (NB.
Den 19 Seiten langen Bericht über seinen Aufenthalt in London erhält
erst Lepel, nicht die Familie, die ihn dann nach Lepel lesen darf).

In diesen Briefen enthüllt sich nicht nur das Werden und Reifen
eines grossen Dichters, sondern auch das Emporringen eines genialen
Menschen aus engen Verhältnissen zu den Höhen des Lebens, ein
erschütternder Kampf um den Bissen Brot, um den bescheidenen
Herd und die Ehe, um die Möglichkeit zu leben u n d zu dichten, d. h.
zu dichten, ohne zu verhungern.

An das Herz des stets „gütigen und nachsichtigen“ Freundes
legt Fontane alles, was ihn bewegt und was er keinem anderen an-
vertraute und anvertrauen konnte, Dinge so intimer Natur, dass sie
hier nicht einmal angedeutet werden können.

Immer wieder, bis zum Jahre 1867 unterstützt Lepel den Freund
geldlich; meist sind es kleinere Summen, aber auch das Geld für den
Ankauf einer Apotheke (1849) und für eine Italienreise, zur Heilung
seiner angegriffenen Lunge (1853), will er ihm beschaffen.

Vielleicht war Lepel der menschlich Grössere, wenn es ihm auch
seine gesichertere Lebensstellung und die infolgedessen ruhigere

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