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Steinmann, Ernst; Michelangelo [Editor]; Lewald, Theodor [Honoree]
Michelangelo im Spiegel seiner Zeit — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 8: Leipzig: Poeschel & Trepte, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.47058#0029
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gestirn der großen Historiker Italiens unter Leo X. angehörig, war im Jahre 1483
in Como geboren, wo er eine Villa besaß und jene Sammlung historischer Porträts
zusammengebracht hat, durch die er fast noch berühmter geworden ist, als durch
die „Geschichte seiner Zeit“1. Er verfaßte u. a. auch drei kurze Lebensbeschrei-
bungen Leonardos, Raffaels und Michelangelos, die verhältnismäßig früh ent-
standen sein müssen, denn in der Vita Michelangelos ist weder von der Medici-
Kapelle, noch vom Jüngsten Gericht die Rede. Auf dem Fresko Vasaris in der
Cancelleria in Rom, das im Jahre 1545 im Auftrage des Kardinals Alessandro
Farnese gemalt wurde, erscheint Giovio an hervorragender Stelle, wie sie dem
Freunde des Kardinals und dem unermüdlichen Berater Vasaris gebührte.
Busini hat den Verfasser so vieler merkwürdiger Schriften nicht gerade wohl-
wollend, aber wie man annehmen möchte, zutreffend, als „lascivetto“ und „ava-
ruzzo“ charakterisiert2.
Giovio bespricht die Decke der Sixtina, er kennt den dem Kardinal Riario als
Antike verkauften Cupido, er erwähnt endlich den Giganten auf der Piazza della
Signoria in Florenz3. Gehässig weiß Giovio dann weiter zu berichten, daß Michelan-
gelo von Julius II. viele tausend Golddukaten für sein Grabmal erhalten habe, ohne
nicht mehr als einige überlebensgroße Statuen auszuführen. Die Schlußworte
sind besonders charakteristisch für das, was man sich in Rom von Michelangelo
zu erzählen wußte. Sie lauten: „Im übrigen war dieser Mann bei seiner hohen
Begabung von Natur so rauh und ungezähmt, daß er, abgesehen von dem un-
glaublichen Schmutz seines häuslichen Lebens, der Nachwelt Nachfolger in
seiner Kunst nicht gönnte. Denn obgleich er selbst von den höchsten Personen
beschworen wurde, konnte er niemals dazu gebracht werden, jemanden in die
Lehre zu nehmen oder wenigstens zum Anschauen seiner Werke in seine Arbeits-
statt einzulassen.“
Michelangelo blieb nur sich selber treu, indem er freiwillig auf alle die kleinen
Annehmlichkeiten des Lebens verzichtete, indem er in einem halb zerfallenen
Häuschen „senza governo“, wie er selbst sich einmal ausdrückt, ein bescheidenes
Dasein führte, keine Ehrenketten trug wie Bandinelli und nicht ein Dutzend
Gehilfen in seiner Werkstatt beschäftigte, wie Vasari es in der Cancelleria getan.
Es war ihm auch nicht gegeben, wie Raffael und Leonardo einen Kreis von
Schülern um sich zu versammeln aus dem einfachen Grunde, weil seine Kunst
1 Pastor, Geschichte der Päpste, IV, i, p. 462 ff. II codice Magliabecchiano, ed. K. Frey, p. LXII. Schlosser,
Kunstliteratur, p. 173-75. Die „Istorie del suo Tempo“ wurden bereits i. J. 1570 ins Deutsche über-
tragen.
2 Lettere di Giovan Battista Busini, p. 2. Karl Frey, Vasari, Literarischer Nachlaß, I, p. 176 ff.
3 Die Vita Michelangelos wurde zum ersten Mal gedruckt bei Tiraboschi, Storia della letteratura Italiana.
Milano 1823/26, Bd 13 (Tomo VII), p. 2495/96. Vgl. Steinmann-Wittkower, Bibliographie p. 160. Der la-
teinische Text mit einer Übersetzung von Dr. Werner Körte ist im Anhänge neu abgedruckt worden.

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