ausführlicher behandelte Frage, welcher von beiden Künsten der Vorrang gebühre,
der Plastik oder der Malerei, erneuter Behandlung unterzogen wurde1.
Luca Martini, als Mitglied der Akademie und gemeinsamer Freund Varchis und
Michelangelos übermittelte bereits am 14. März dem großen Einsamen in Rom
ein sauber geschriebenes Büchlein, das nicht nur den Kommentar zu Michel-
angelos Dichtung, sondern auch die Vorlesung über Bildhauerkunst und Malerei
enthielt2. Michelangelo dankte - wie stets bei solchen Gelegenheiten - mit aus-
gesuchter Höflichkeit: „Das Sonett ist von mir, aber der Kommentar kommt
vom Himmel. Er ist wirklich eine wunderbare Sache, nicht nach meinem Urteil,
sondern nach dem verständiger Männer, und Messer Donato Giannotti kann
nicht satt werden, ihn zu lesen. Was das Sonett anlangt, so glaube ich, seinen
geringen Wert zu kennen. Aber wie es auch sei, ich kann mich nicht enthalten,
ein wenig eingebildet darauf zu sein, da es der Gegenstand eines so schönen und
gelehrten Kommentars geworden ist3.“ In der Tat hatte Michelangelo für seine
Dichtungen eine kleine Schwäche, wie Goethe für seine Zeichnungen. Schon am
25. Juli 1533 hatte Sebastiano del Piombo dem Meister zwei seiner in Musik
gesetzten Madrigale von Rom nach Florenz gesandt4. Das eine hatte Costanzo
Festa, Mitglied der Päpstlichen Kapelle und Komponist eines noch heute
gesungenen Te Deum, in Musik gesetzt, das andere war ein Werk des heute
vergessenen Franzosen Concillon, der unter Leo X. gleichfalls der Päpst-
lichen Kapelle angehört hatte: „Diese Kompositionen werden Euch Freude
machen,“ schrieb Sebastiano del Piombo; „ich habe zwei Kopien davon auch
an Messer Tomao (Cavalieri) gegeben, der sich Euch tausendmal empfehlen
läßt.“
Diese Gesänge hatten in der Tat in Florenz die größte Freude erregt und
Michelangelo hatte sie sich - wie er dankend Sebastiano del Piombo berichtete
- mehrmals vorsingen lassen: „Bitte schreibt mir“, fuhr er fort, „wie ich mich
bei dieser Gelegenheit zu verhalten habe, um mich so wenig unwissend und un-
dankbar wie nur möglich darzustellen.“5
Auch Bartolomeo Trombone, genannt Tromboncino, in den fünfziger Jahren
des Cinquecento im Dienst Cosimos I. in Florenz, und der noch heute nicht
vergessene Jakob Archadelt, ein Flame von Geburt und seit 1530 in Rom an-
1 Ausführlich und mit großer Kompetenz äußert sich zu diesem Streit der Meinungen Carlo Milanesi in
der Vorrede zu seiner Ausgabe: I trattati dell’oreficeria e della scultura di Benvenuto Cellini, Firenze 1875,
p. XX-XXXV.
2 Due Lezzioni di M. Benedetto Varchi, Fiorenza 1549, p. 55.
3 Milanesi, Lettere, p. 524.
1 Gaetano Milanesi, Les Correspondants de Michelange, p. 108-110. K. Frey, Dichtungen, p. 438/40. Leto Puliti,
Di alcune poesie di Michelangelo Buonarroti musicate dai contcmporanei, in Gotti II, p. 85/122 und oben
p. 31 Anm. 2.
5 Milanesi, Lettere, p. 466.
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der Plastik oder der Malerei, erneuter Behandlung unterzogen wurde1.
Luca Martini, als Mitglied der Akademie und gemeinsamer Freund Varchis und
Michelangelos übermittelte bereits am 14. März dem großen Einsamen in Rom
ein sauber geschriebenes Büchlein, das nicht nur den Kommentar zu Michel-
angelos Dichtung, sondern auch die Vorlesung über Bildhauerkunst und Malerei
enthielt2. Michelangelo dankte - wie stets bei solchen Gelegenheiten - mit aus-
gesuchter Höflichkeit: „Das Sonett ist von mir, aber der Kommentar kommt
vom Himmel. Er ist wirklich eine wunderbare Sache, nicht nach meinem Urteil,
sondern nach dem verständiger Männer, und Messer Donato Giannotti kann
nicht satt werden, ihn zu lesen. Was das Sonett anlangt, so glaube ich, seinen
geringen Wert zu kennen. Aber wie es auch sei, ich kann mich nicht enthalten,
ein wenig eingebildet darauf zu sein, da es der Gegenstand eines so schönen und
gelehrten Kommentars geworden ist3.“ In der Tat hatte Michelangelo für seine
Dichtungen eine kleine Schwäche, wie Goethe für seine Zeichnungen. Schon am
25. Juli 1533 hatte Sebastiano del Piombo dem Meister zwei seiner in Musik
gesetzten Madrigale von Rom nach Florenz gesandt4. Das eine hatte Costanzo
Festa, Mitglied der Päpstlichen Kapelle und Komponist eines noch heute
gesungenen Te Deum, in Musik gesetzt, das andere war ein Werk des heute
vergessenen Franzosen Concillon, der unter Leo X. gleichfalls der Päpst-
lichen Kapelle angehört hatte: „Diese Kompositionen werden Euch Freude
machen,“ schrieb Sebastiano del Piombo; „ich habe zwei Kopien davon auch
an Messer Tomao (Cavalieri) gegeben, der sich Euch tausendmal empfehlen
läßt.“
Diese Gesänge hatten in der Tat in Florenz die größte Freude erregt und
Michelangelo hatte sie sich - wie er dankend Sebastiano del Piombo berichtete
- mehrmals vorsingen lassen: „Bitte schreibt mir“, fuhr er fort, „wie ich mich
bei dieser Gelegenheit zu verhalten habe, um mich so wenig unwissend und un-
dankbar wie nur möglich darzustellen.“5
Auch Bartolomeo Trombone, genannt Tromboncino, in den fünfziger Jahren
des Cinquecento im Dienst Cosimos I. in Florenz, und der noch heute nicht
vergessene Jakob Archadelt, ein Flame von Geburt und seit 1530 in Rom an-
1 Ausführlich und mit großer Kompetenz äußert sich zu diesem Streit der Meinungen Carlo Milanesi in
der Vorrede zu seiner Ausgabe: I trattati dell’oreficeria e della scultura di Benvenuto Cellini, Firenze 1875,
p. XX-XXXV.
2 Due Lezzioni di M. Benedetto Varchi, Fiorenza 1549, p. 55.
3 Milanesi, Lettere, p. 524.
1 Gaetano Milanesi, Les Correspondants de Michelange, p. 108-110. K. Frey, Dichtungen, p. 438/40. Leto Puliti,
Di alcune poesie di Michelangelo Buonarroti musicate dai contcmporanei, in Gotti II, p. 85/122 und oben
p. 31 Anm. 2.
5 Milanesi, Lettere, p. 466.
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