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Steinmann, Ernst; Michelangelo [Hrsg.]; Lewald, Theodor [Gefeierte Pers.]
Michelangelo im Spiegel seiner Zeit — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 8: Leipzig: Poeschel & Trepte, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.47058#0073
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Mensch und Mensch. Diese deutschen Edelleute hatten nur den einen Wunsch,
Michelangelo zu sehen, und ich ließ sie zu ihm führen. Er nahm sie zu ihrer
Genugtuung liebevoll auf.“1

Es waren damals gerade zehn Jahre verflossen, seit Michelangelo, dem Drängen
Pauls III. nachgebend, die Leitung der Fabbrica di S. Pietro übernommen hatte,
die ihn - einen Greis von fast ~/z Jahren - noch einmal sachlich mit schwerster
Verantwortung belastete und persönlich in Konflikt bringen mußte mit dem
ganzen Anhang seines eben verstorbenen Vorgängers, Antonio da Sangallo,
der „Setta Sangallesca“, wie Vasari sie genannt hat. Das Breve, mit dem Mi-
chelangelo als Architekt von St. Peter uneingeschränkte Vollmachten über-
tragen wurden, datiert vom i. Januar 15472, und schon im Mai dieses Jahres
erhielt er von einem Freunde aus Florenz ausführlichen Bericht über die Ver-
leumdungen, die Jacopo del Conte und Nanni di Baccio Bigio über die „ver-
heerende“ Tätigkeit Michelangelos an St. Peter zu verbreiten gewußt hatten3.
Michelangelo - immer noch der Choleriker von einst - sandte dieses Schrift-
stück an einen der Vorsteher der Bauhütte von St. Peter mit dem Bemerken:
Anderes war nicht zu erwarten von diesen beiden „vilissimi furfanti con-
tadini“.
Welche Kämpfe galt es Jahr für Jahr auch hier zu bestehen, mit welchem Herois-
mus sind sie von Michelangelo bestanden worden! „Eures Amtes ist es, für das
Aufbringen der Geldmittel zu sorgen und dafür, daß sie nicht von Dieben
gestohlen werden“, erklärte er in Gegenwart des neu erwählten Papstes Julius III.
der Baukommission, die sich unbefugt in die Kompetenzen des Architekten
hatte einmischen wollen. „Für die Zeichnung und ihre Ausführung habt ihr
die Verantwortung mir zu überlassen.“4
Das hinderte ihn aber nicht, in seinem eigenen Bereich auch auf die kleinsten
Dinge ein wachsames Auge zu haben und zuständigen Ortes sofort Klage zu
erheben, als einmal die Qualität des Mauerbewurfes zu wünschen übrig ließ.
„Versprechungen, Trinkgelder, Geschenke richten jede gute Sache zugrunde“,
bemerkte er warnend bei dieser Gelegenheit. „Daher bitte ich euch, kein Material
1 Gaye, Carteggio II, p. 418/19. Francesco Furini dürfte diesen Besuch in der Casa Buonarroti dargestellt haben.
Vgl. Steinmann, Porträtdarstellungen, Tafel 106. Seltsam ist es, daß der Frankfurter Rcchtsgelehrte Johann
Fichard in seiner „Italia“ von 1536 die Deckenfresken in der Sixtina ohne weiteres dem Raffael zuschreibt.
Vgl. A. Schmarsow, Exzerpte aus Joh. Fichards „Italia“ von 1536 im Repertorium für Kunstwissenschaft
XIV (1891), p. 137.
8 Bonanni, Numismata templi Vaticani, Romae 1715, p. 61/22. Gotti II, p. 133/34.
3 Nur bei Gotti, I, p. 309/10, in englischer Übersetzung bei Wilson, Life and works of Michelangelo Buonarroti,
p. 510/11 und Symonds (1893) II, p. 233/4.
4 Vasari, VII, p. 232.

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