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Kriegstagung für Denkmalpflege [Hrsg.]
Stenographischer Bericht — Berlin, 1915

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Sonntag, den 29. August
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https://doi.org/10.11588/diglit.29910#0118
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den gebildeten Laien, die solchen Auslegungen mit ihrer eigenen Auffassung
Vorschub leisten. Gegen derartige Halbheiten hat gerade jetzt beim Wieder-
aufbau unser Bund mit aller Kraft anzugehen. Dagegen soll vor allem das
Buch helfen.

Ich halte eine Sammlung alter mustergültiger Bauanlagen unter den
genannten Gesichtspunkten für die beste Grundlage nicht nur für Wieder-
aufbauarbeiten, wie sie z. B. in Galizien in einem noch viel gewaltigeren
Maßstab kommen werden. Man müßte in unserem Vaterlande ähnliche
Sammlungen, getrennt nach einzelnen Gebieten, überall vornehmen. Ein-
zelne Zeitstufen dabei willkürlich zu bevorzugen, würde sich ganz von selbst
verbieten. Eine genaue Prüfung der jeweiligen Vorbedingungen würde
stets zur richtigen Auswahl führen.

Im letzten Augenblick, ehe ich herkam, fiel mir ein eben in Königs-
berg erschienenes Werk in die Hände: „Landwirtschaftliche Bauten in Ost-
preußen“, bearbeitet von Reich, Direktor des Bauamts der Landwirtschafts-
kammer für die Provinz Ostpreußen. Meine Herren! Ich habe vor Jahren
mitanzukämpfen versucht gegen Krämerarchitektur und Maurermeisterstil
schlimmster Art, z. B. in den Arbeiten vom Bauamt der hannoverschen
Landwirtschaftskammer und vom westfälischen Bauernverein. Ich halte diese
damaligen Erscheinungen, die sich ja fast überall wiederholten, aber doch
allmählich gebessert haben, für weniger gefährlich als dieses Werk. Man
sollte nicht glauben, daß im Kriegsjahr 1915 eine Arbeit kommen konnte,
die von Anfang bis zu Ende überlebte Abscheulichkeiten enthält, wovon
Sie sich nach den ausgehängten Blättern überzeugen können. Wenn nicht
gegen dieses Buch aufs lebhafteste Einspruch erhoben wird, wird es in
kurzem bei allen Maurermeistern in Ostpreußen die Grundlage für das Ent-
werfen zum Wiederaufbau darstellen. Wir haben uns erboten imter der
noch nicht streng nachgeprüften Voraussetzung, daß wenigstens die tech-
nischen Anforderungen der landwirtschaftlichen Bauten für den Osten
richtig getroffen sind, eine Überarbeitung der Entwürfe in baulicher Hin-
sicht vorzunehmen. Hoffentlich verschwindet es so oder auf andere Weise,
etwa durch Veröffentlichungen aus dem Hauptbauberatungsamt oder durch
einzelne Bezirksarchitekten überholt, so schnell als möglich von der Bildfläche.

Meine Herren! Ich habe Ihnen nur in ganz großen Zügen Arbeits-
pläne des Deutschen Bundes Heimatschutz beim Wiederaufbau Ostpreußens
und Widerstände gegen sein Wirken andeuten können. Bei der knappen
Zeit konnte ich auf Pflege der Landschaft, der Denkmäler usw. nicht ein-
gehen. Seien Sie aber versichert, daß wir auch da nach besten Kräften
mit am Werke sein wollen. (Lebhafter Beifall.)

Vorsitzender: Meine Herren! Ich danke dem Herrn Redner in
Ihrer aller Namen für seinen Vortrag und gebe unserer Freude darüber
Ausdruck, daß wir auch bei dieser Kriegstagung mit dem Bunde Heimat-
schutz Zusammenarbeiten, dessen verehrten Vorsitzenden Freiherrn von
Wilmowski wir ja auch unter uns zu sehen die Freude und Ehre haben.

Freiherr von Kerckerinck zur Borg, M. d. II. — Münster i. W.
Meine Herren! Ich wollte mir erlauben, kurz auf den letzten Punkt in den
Darlegungen des Herrn Dr. Lindner einzugehen, nämlich auf die Muster-
 
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