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Tag für Denkmalpflege und Heimatschutz [Hrsg.]
Stenographischer Tagungsbericht: nebst Beiträgen: Tag für Denkmalpflege und Heimatschutz — 1922

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Zweite Sitzung. Freitag, den 29. September 1922
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Flußregulierung, Kanalführung, Wildbachverbauung und Hochwasserschutz
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Kunstbauten an den Wasserläufen
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https://doi.org/10.11588/diglit.29767#0135
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der Prüfungsordnung dafür gesorgt werden, daß der Ingenieur nicht in die
Praxis tritt, bevor er die nötige Einsicht für den kulturellen Wert unserer
landschaftlichen Schönheiten gewonnen hat.

Aber damit darf seine Beeinflussung in ästhetischer Beziehung nicht
abgeschlossen werden. Er muß mit der Heimatschutzbewegung dauernd
dadurch in Fühlung bleiben, daß er von allen Vorgängen in dieser, welche
sein Arbeitsgebiet betreffen, Kenntnis erhält. Dies ist auf verschiedenen
AYegen möglich. ATelleicht kann auch in bemessenen Zeitabständen an alle
mit Baupolizei und Bauausführung betrauten AYasserbaubehörden eine
Flugschrift hinausgegeben werden, welche zusammenfassend alle in der
Zwischenzeit behandelten Fragen über die Beziehungen zwischen AA^asser-
wirtschaft und Pleimatschutz bespricht und gute und abschreckende Bei-
spiele von Bauausführungen bringt. Dadurch könnte dem vielfach über-
lasteten Wasserbautechniker das Fühlenhalten mit den Heimatschutz-
bestrebungen erleichtert und sein Interesse für diese wachgehalten werden.

Ich nehme natürlich auch für den derart geschulten Techniker nicht
ein maßgebendes Erteil in ästhetischen und kulturellen Fragen in Anspruch.
Er wird aber jedenfalls für den Heimatschutz viele wertvolle Kleinarbeit
leisten, die andernfalls überhaupt ungetan bleibt, und kann vor allem seine
Fähigkeiten selbst richtig einschätzen und begrenzen. Dann aber nimmt
er schon von sich aus in allen Fällen, wo besondere Belange in Frage stehen
oder wichtige künstlerische Aufgaben zu lösen sind, rechtzeitig die Hilfe
berufener Männer in Anspruch und wird mit diesen in ersprießlicher Zu-
sammenarbeit AAVrke schaffen, welche auch den Vergleich mit den in unüber-
trefflichem Stilgefühl geschaffenen Anlagen unserer Altvordern nicht mehr
zu scheuen brauchen, zum A^orteile für die kulturelle Entwicklung des
ganzen A^olkes. (Lebhafter Beifall.)

Kunstbauten an den AArasserläuf'en.

Berichterstatter Ministerialrat Professor Dr. Stürzenacker-Karls-
ruhe: Es war vor zehn Jahren, daß Stuttgart schon einmal unter dem Zeichen
einer großen Tagung „des zweiten internationalen Heimatschutzkongresses“
stand, bei welchem sich Gegensätze zwischen Industrie und Heimatschutz
stark begegneten; es schien dort, als ob ein großer und unüberbrückbarer
Widerspruch zwischen Heimatschutz und Volkswirtschaft bestehe und
als ob sich die daraus ergebenden Folgerungen kaum überbrücken ließen.
Ich erinnere mich noch der Worte im AArillkomm-Heft des Württembergischen
Heimatschutzes, die Volkswirtschaft dürfe nicht das letzte AYort haben,
und des weiteren, die Lösung solcher Fragen gehöre mit zu den schwierigsten;
ich höre ferner noch die feinempfundenen Worte von Professor Giannoni-
Wien, auch die scharfen Worte über den Untergang der Naturschönheiten
Kleinlaufenburgs und des Murgtales; daneben üelen AA^orte der Versöhnung
der inneren oder rein gefühlsmäßigen Versöhnung von Männern, die schon
damals erkannten, daß man eine natürliche und gesunde volkswirtschaft-
liche Entwicklung nicht hemmen, daß man ihr lediglich der Theorie wegen
und deshalb, weil es sich hier um noch nicht Dagewesenes handelt, nicht
in den Arm fallen dürfte.

Der teilweise ganz, teilweise halb ablehnende Standpunkt des Heimat-
schutzes war nicht so ganz unbegründet, wußte man doch zur Genüge,

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