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XXIII

hier ihreii umgestaltenden Einfluß zu vnllendeu. Auch der Referm unserer
Lchuldildung hat cs an Manncrn dicscrArt als Mitarheitern nicht gefehlt;
ader sie wirkten dem weise leitenden Einflusse bedcutendercr Geister folgend,
wahrcnd die Einbürgerung des römischen Rcchts gerade dem Wirken dcr
Mittelmäßigkcit ohne höhere Leitung überlassen blieb. So ward das
römische Rccht, nicht wenig vcrstümmelt und verunstaltet, von plumpen
vändcn in dcr zweiten Hälfte tes fünfzehntcnIahrhunderts unter das Bolk
gcbracbt, um vielfach Aergerniß zu gebcn und dennoch sein dauerndes Bestn-
ibum zu werdcn, dcssen vollen Werth erst eine spätcre Zeit herausbildcn svlltc.

Es bedarf der Erklärung, wie es möglich gcwesen, daß stch dieser
Prozeß im Zeitalter der Resormation vollzog. Denn auf den ersten Blick
scbcint zwischen der geistigcn Bcwegung, welche damais Deutschland erfülltc,
und der Aufnahme des römiscben Rechts vielmehr ein Widerspruch, als
Berwandtschaft zu bestehcn. Hat es doch mit dem religioscn Bedürfnifse der
Zeit kcine Gemeinschaft, und dem erwachenden nationalen Bewußtsein
scheint seine Anfnahme zu widcrsprechcn. Und dennoch muß die Anzic-
hungskraft größer gewesen sein, als dcr Gegensatz, da sich svnst die Rezeption
nicht in ciner Periode vollzogen haben würde, in welcher das geistige Bc-
dürfniß dcs Bolks eine größerc Kraft ais jemals entfaltete. Siegrcich
überwand es die überliefertcn Autoritäten, und würde sicherlich nicht auf
dem Gcbiete des Rechts widerwillig einer neuen Autorikät unterlegen scin,
wenn ihre Herrschaft dem inncrstc» Triebe widcrsprochcn hätte.

Das kräftigste Element der Bewcgung in der Rcformationszeit war
nächst dcm religiösen das v ol ksth üm lrch e. Die unteren Schichtcn der
Gesellschaft, dic bürgerlichcn Kreise, sehen wir von gewaltigem Ringen nach
geistigcr, sittlicher und sozialer Hcbung ergriffcn, und auf daffelbe Ziel die
reformatorische Arbeit der hcrvorragenden Männcr gerichtet. In der That
wird uns nun vielfach von cincr „nationalen Opposition" gegen das
römische Recht gcsprochen, so daß man meinen könntc, sie stehc mit jcncr
Bewcgung im engsten Zusammenhang. Allcin cine genaucre Betrachtung
zeizt, daß diese Opposition von andcren Kreisen ausging und eine anderc
Bedcutung hatte").

Wenn die bairischen und württembergischen Stände sich über dic ge-
lehrten Iuristen bckiagen, so ist ihre Beschwerde vorzugsweise gcgen das

') Dgl. dicBemerkungen von Muther (Zeitschr.s.Rechtsgeschichte, Bd.4 S.381 f.)
i» Stobbe, Rechtsqucllen, Bd. 2 S. 50 ff. 95 ff.
 
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