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Stölzel, Adolf
Die Entwicklung des gelehrten Richterthums in deutschen Territorien: eine rechtsgeschichtliche Untersuchung mit vorzugsweiser Berücksichtigung der Verhältnisse im Gebiete des ehemaligen Kurfürstenthums Hessen (Band 1) — 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.10463#0182

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§• 8.

Aufkommen der Appellation.

Die Appellation, für uns Deutsche unzweifelhaft
ein fremdes Institut, fand doch im deutschen Rechte An-
knüpfungspunkte, welche jeden scharfen Uebergang von der
alten zur neueren Zeit zu verdecken geeignet waren. Diese
Anknüpfungspunkte bilden einerseits das Urtheilsschelten
des alten Processes, andererseits das schon frühzeitig übliche
Einholen von Rechsbeleh rung. Wenn man bei einem
andern angesehenen Gerichte statt des von der Partei ver-
worfenen Urtheils ein zweites Urtheil, oder wenn man dort
in zweifelhaften Fällen überhaupt das Urtheil holen konnte,
dann war es kein grosser Schritt weiter, ein höheres Ge-
richt als zweite Instanz über sich anzuerkennen. 1 Dass man
das Urtheilschelten auf der Stelle, unmittelbar bei der Ver-
kündigung, das Appelliren innerhalb zehn Tagen vorzu-
nehmen hatte, dass jenes an ein gleichartiges, dieses an
ein höherstehendes Gericht ging, dass ferner die Rechtsbe-
lehrung bei weisen Leuten oder bei Oberhöfen geholt zu
werden pflegte, welche etwas Verschiedenes von einem Ge-
richt zweiter Instanz waren, dass überhaupt der Appellation
eine wesentlich andere Idee zum Grunde lag, als dem Ur-
theilschelten — diese Unterschiede2 fühlte man nicht. Das
Eine schwamm in das Andre über; Oberhof, Rechtsbelehrung
und Appellation werden in der Uebergangszeit unter einander
gemischt, ja schon lange, als die Uebergangszeit vorbei
war, „appellirt" man z. B. in unverkennbarer Reminiscenz

1 Cf. Maurer S. 240. Grimm R.A. 866. Maurer, Gesell.- der Markverf.
S. 364 und Gesch. der Dorfverfassung 2. Bd. S. 143 ff.

2 lieber dieselben s. auch Plank, Beweisurtheil S. 15 flg., Kuhns II,
542 flg. und jetzt bes. v. Maurer, Städteverfassung III, 749 flg.
 
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