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Kekulé von Stradonitz, Reinhard
Die Balustrade des Tempels der Athena-Nike in Athen — Leipzig, 1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.976#0012
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dass vorher Nike unbeflügelt gewesen sei, sondern dass die der spa-
teren Kunst geläufige Gestalt der Nike auf bestimmte Künstler zurück-
geführt, ihre Erfindung einer historisch bestimmten und nicht einer
undenkbar frühen Zeit zugeschrieben wurde. Aber durch die künst-
lerischen Darstellungen einer Siegesgöttin, welche bald den Sieger
bekränzend oder geleilend, bald die Weihgeschenke aufstellend oder
Tropäen errichtend und in den mannigfachsten symbolischen Thä-
tigkeiten erscheint, und durch die daneben gehenden, doch verhält-
nissmässig nicht häufigen dichterischen Verwendungen der Göttin
Nike kann die religiöse Auffassung, welcher Nike als eigne Gottheit
ursprünglich fremd ist, zunächst nicht verändert werden. Der eigen-
ste Gott eines Stammes, eines Volkes, eines Landes, einer Stadt ist
jedesmal auch der Bürge des Sieges; je nach der Verschiedenheit
des Cults sind alle Götter Gottheiten des Sieges, Leto1), Artemis2)
und Apoll nicht weniger als Ares, Zeus und Athena. Aber es ist
natürlich, dass, nach der Eintheilung der olympischen Götter und
gemäss dem vorwiegenden Einflüsse der attischen Culte auf Kunst
und Lilteratur, vor allem Zeus und Athena als solche Siegesgottheiten
gelten. Dieser Gedanke findet, nachdem die Personification der
Nike anerkannt und der künstlerische Sprachgebrauch allgemein
gültig geworden ist, seinen natürlichen Ausdruck darin, dass Nike
als Dienerin und Gehulfin sämmtlicher Götter erscheint; und es kann
nicht auffallen, dass sie dabei, ebenso wie Eros, vervielfacht wird.
Vor allem erscheint sie auf der Hand des siegbringenden Zeus und
der Athena, sie selbst bekränzend oder von ihnen ausgehend. Die
unzweifelhaft ältere Auffassung des selben Gedankens, dass der Sieg
mit der Gottheit selbst identisch, dass er ein Theil ihres Wesens
selbst sei, lässt sich für die anderen Götter nur vermuten; für
Athena lassep deutliche Zeugnisse keinen Zweifel. — Die mytholo-

t) Bergk, Poetae lyr. (ed. III) p. 1163, 134. Tour aito 8uo[xsvl(uv MtjSujv
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S) Bergk, Poetae lyr. (ed. III) ebd. 135.
 
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