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Kekulé von Stradonitz, Reinhard
Die Balustrade des Tempels der Athena-Nike in Athen — Leipzig, 1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.976#0037
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die nach links gesandte (no. 9 Taf. II, II), mit den vorgestreckten
Händen, eine Bewegung, die sich alsdann leicht erklärt. Es ent-
sprechen sich ferner die beiden Figuren, von denen die eine (no. 10
Taf. II, J) sicher oine Beinschiene, die andere (no. 5 Taf. II, E) einen
langen Gegenstand, wahrscheinlich eine Waffe, vielleicht ebenfalls
eine Beinschiene herbeibringt. Eine Schildträgerin (no. 7 Taf. II, F)
kommt von links herbei; eine zweite (no. 6) scheint ihr zu folgen.
Diesen beiden Figuren könnten von rechts her die eine (no. 18
Taf. III, M) in ruhiger Bewegung nach links gewandte Figur und
diejenige entsprochen haben, von welcher nur der rechte vom Ge-
wand umwallte Oberschenkel erhalten ist. Im Ganzen hat es den
Anschein, dass bei dem Tropäon selbst grössere Buhe herrscht, in
den entfernteren Figuren nach links die Bewegung lebhafter wird,
am lebendigsten in den beiden Niken mit der Kuh, bis diese Bewe-
gimg in der ruhig dasitzenden Athena ihren Gegensatz findet. Da-
gegen scheinen die Figuren rechts vom Tropäon alle ruhiger. Auf
diese Seite, vermutlich sehr nahe an das westliche Ende, gehört
die berühmte Figur der Sandalenbinderin (no. 19 Taf. III, N). Es
sind sehr verschiedene Versuche gemacht worden, dieses Motiv aus
der Handlung des Opfers oder der Feier, in welcher die Niken be-
griffen sind, zu erklären. Man hat vermutet, dass sie ihre Sohlen
ablege, um in den Tempel zu treten1), dass sie vom raschen Fluge
eben angelangt nun beschäftigt sei, sich die xaXa tooiXo zu lösen2).
Die anderen Niken geben zu solchen Deutungen keine Berechtigung.
Die Erklärung von Boss, dass sie am Schuh etwas zu nesteln
scheine, scheint durchaus richtig und genügend; sie befestigt ein
los gewordenes Band der Sandale. Es ist kein mythologisches, son-
dern ein künstlerisches Motiv. Aehnliches ist aus den menschlichen
Figuren des Festzugs am Parthenonfries bekannt. In der Composi-
tion und der Auffassung des Balustradenreliefs ist kein Grund ge-

t) Preller, Griecb. Mythologie I p. 389.
2) Michaelis a. a. 0. p. 253.
 
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