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VI.

DIE BEHEIZUNG DES STRASSBURGER MÜNSTERS

nach den amtlichen Berichten zusammengestellt von F. Wolff, Konservator.

Eine der schwierigsten Aufgaben- für
den Architekten wie für den Konservator
der geschichtlichen Denkmäler ist die Be-
heizung der mittelalterlichen Kirchen. Jede
moderne Heizung — welcher Art sie auch
sei — ist ein Gewaltakt einem mittelalter-
lichen Baudenkmal gegenüber; denn jede
Heizung mit ihren maschinellen und sicht-
baren Einrichtungen, mit ihren Heizkörpern
und Kanälen etc., für welche die alten Bau-
werke ursprünglich nicht eingerichtet sind,
schädigen den künstlerischen Gesamtein-
druck auf das Empfindlichste.1) Diejenige
Anlage ist vom Standpunkte der Denkmal-
pflege die geeignetste, die äusserlich am
wenigsten sichtbar ist und welche die Sub-
stanz des Gebäudes am wenigsten berührt.
Für den heutigen Gottesdienst ist die Be-
heizung der Kirchen ein Bedürfnis und die
Kirchenbehörden stellen an ihre Architekten
die Forderungen eines erwärmten Raumes
bei den geringsten Anlage- und Betriebs-
kosten. Diese Anforderungen für die Be-
heizung der Kirchen erfüllt die Anlage nach
dem System Perret in nahezu vollkommener
Weise, die auch im Strassburger Münster
Verwendung gefunden hat.

Das System Perret ist eine Warmeluft-
heizung mit ununterbrochener Zuführung
von erhitzter Luft durch eine Ausmündung
im Innern des zu beheizenden Raumes und
mit einer Aufsaugungsöffnung für die
kalte Luft. Die durch den Kaltluftkanal
aus dem Innern des Gebäudes entnommene
kalte Luft wird unter die Heizöfen geführt;
dieselbe erwärmt sich an den eisernen Um-
fassungswänden und tritt dann oberhalb der
Heizöfen durch den Warmluftkanal wieder
in das Innere des Gebäudes ein. Der Heiz-
ofen ist durch eine Art von feuerfester

') Siehe den Schluss des Kommissions-Protokolls
auf Seite 29.

Kammer in Würfelform gebildet, in deren
Innern sich in sorgfältig berechnetem Abstand
drei Reihen von feuerfesten Platten befinden,
welche mit den an der Vorderseite des
Apparates befindlichen Türen in Verbindung
stehen. Die Platten der oberen Stockwerke-
sind mit in Kreuzform stehenden Löchern
durchbrochen, welche derartig angebracht
sind, dass das Brennmaterial fast natürlich
von einer Etage in die unmittelbar darunter
gelegene gelangen kann (siehe die . Skizze).

Die Behandlung und Füllung ist sehr einfach ;
je nach der mehr oder weniger grossen
Tätigkeit des Zuges kann der Ofen ohne
Unterbrechung, und ohne dass man daran
zu rühren braucht, bis 48 Stunden und bei
grösseren Öfen noch länger brennen.

Die Beheizung von Kirchen nach dem
System Perret ist keine neue. Sie ist in
Frankreich vielfach angewendet und in
Deutschland unter dem 6. Januar 1888
Nr. 44959 patentiert1) worden. Nach dem
Bericht der Firma: «Societe d'Exploitation

J) Nach dem Erläuterungsbericht des Herrn
Michael Perret in Paris zu dem Projekt f.ir die Be-
heizung des Strassburger Münsters.
 
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