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Pflichten der Gesellen, der Parliere und
Meister genau geregelt. Auch Laien konnten
später der Hütte als Aggregierte beitreten
Ein solcher war Kaiser Maximilian I., so wie
auch der Sage nach Herzog Rudolf IV. ein
weltlicher Bruder der Hütte von Wien ge-
wesen sein soll. Im übrigen bezweckten die
Satzungen hauptsächlich die Aufrechterhaltung
der Ordnung innerhalb der Hütte, anständiges
und sittenreines Betragen der Gesellen, so-
wie die Wahrung der Hüttengeheimnisse.

An der Spitze der Hütte stand der Meister,
magister operis, Werkmeister. Er verhandelte
mit dem Bauherrn, dem Bischof oder der Stadt,
fertigte den Bauriss und hatte die Oberleitung
der Ausführung. Dass derselbe nicht aus der
Reihe der einfachen Steinmetzen herausgehen
konnte, wie vielfach auch von Kunsthistorikern
angenommen worden ist, dürfte dem Fach-
mann und auch dem einsichtsvollen Laien
wohl als selbstverständlich gelten, setzt doch
der Entwurf eines der heute noch die Be-
wunderung des Beschauers, des kritisierenden
Künstlers und Kunstkenners wie des Tech-
nikers und des Ingenieurs herausfordernden
mittelalterlichen Dome etwas mehr voraus
als die blosse Kenntnis des Steinmetzenhand-
werks. Das uns erhaltene Skizzenbuch eines
Architekten des XIII. Jahrhunderts, des Vilar
de Honecourt beweist, dass sein Inhaber nicht
nur schön zu zeichnen verstand: sondern
auch unbedingt über bedeutende theoretische
Kenntnisse und allgemeines Wissen verfügen
musste.

Die meisten der mittelalterlichen Meister
sind uns unbekannt geblieben, nur wenige
Namen durch Zufall, eine Grabschrift, eine
Urkunde überliefert worden, kein Denkmal
redet von ihren Taten, den Werken, die sie
uns geschenkt. Doch: «Was braucht’s Dir
Denkmal,» sagt Göthe von Erwin, dem Meister
der Strassburger Fassade: «Du hast Dir das
herrlichste errichtet, und kümmert die Ameisen,
die drum krabbeln, Dein Name nichts, hast
Du gleiches Schicksal mit dem Baumeister,
der Berge auftürmte in die Wolken.» Ich
glaube, Göthe hat in dem Meister des Strass-
burger Münsters etwas mehr gesehen, als
den blossen Handwerker. Künstler waren
diese grossen Meister des XIII. Jahrhunderts

jedenfalls, sie waren aber ausserdem auch
geschickte Konstrukteure, denn wie wir die
wundervoll harmonischen Verhältnisse unserer

Abb. 3. Fiale.

Original Restauration

aus dem XV. Jahrh. aus dem XIX. Jahrh.

gotischen Dome anstaunen, bewundern wir
gleichzeitig die Folgerichtigkeit in der Kon-
struktion, welche doch unmöglich ein Spiel
des Zufalls sein kann, vielmehr notwendig
die Kenntnis der in den einzelnen Baugliedern
wirkenden geheimen Kräfte voraussetzen
lässt.

Allerdings braucht deshalb eine Kenntnis
der wissenschaftlichen Begründung der Ge-
setze der Statik und Mechanik im modernen
Sinne, wozu Galilai den Grund gelegt hat,
 
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