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Charakter erhielt), kann man die Bemalung,
Einzeichnen von Fugen, Eckquadern und der-
gleichen für die Regel ansehen.

Bei unserm Münster habe ich nach lan-
gem eingehenden Untersuchungen konsta-
tieren können, dass im Äussern die Portale
mit ihrem reichen ornamentalen Schmuck,
die Statuen, Baldachine, Hohlkehlen mit da-
vorliegendem Laubwerk reich bemalt waren,
wobei Gold, Zinnoberrot und Ultramarinblau
die Hauptrolle spielen, daneben aber auch
andere Farben, Grün, Purpur und Weiss
Vorkommen. Bei den frühgotischen Teilen,
dem Lang- und Querschiff kommt Gold im
Äussern noch nicht vor, jedoch waren auch
hier die Hohlkehlen der Fensterbögen und
Gesimse, das Laubwerk der Friese und Pyra-
miden, die Statuen der Pfeilernischen und
selbst die Wasserspeier bemalt, hauptsächlich
in Okergelb und Okerrot, Weiss, Blau und
Schwarz. Die Mauerflächen behielten dabei
im Grossen und Ganzen ihren Werkstein-
charakter, wobei nur das Scheckige der ver-
schiedenfarbig getönten Einzelstücke durch
eine aufgetragene leichte Farblasur, die je-
doch Korn und Charakter des Steines nicht
beeinträchtigte, harmonisch gestimmt wurde,
gleichzeitig waren die Fugen in bestimmter
Kontur in Weiss übermalt.

Die farbige Ausstattung im Innern war
eine ganz ähnliche, auch hier im Grossen
und Ganzen die Belassung der natürlichen
Farbenwirkung des Steinmaterials, nur ge-
tönt und mit weissen Fugen überzogen, alle
besonderen Schmuckteile, Kapitale, Zwickel-
füllungen, Konsolen und Baldachine, sowie
die Figuren, wie beispielsweise am Engels-
pfeiler noch deutlich erkennbar, reich be-
malt.

An Farbstoffen werden in der Frühzeit
hauptsächlich Erdfarben, mit Kalk vermischt
und getönt, verwendet, wozu später noch
Zinnoberrot und Ultramarinblau und wie
schon bemerkt, Gold hinzutreten; als Binde-
mittel dient ein aus Käse und Kalk bereitetes
Präparat.

Bei den mit Kalkputz versehenen Bauten
wurde die natürliche Farbe des Mörtels gern
als Grundfarbe benutzt, die Konturen des
Quaderwerks, Rankenmuster und dergl., wur-

den dann mit Vorliebe in den noch feuchten
Mörtel hineingemalt, worauf die Farbe dann
gleichzeitig mit demselben erhärtete und be-
sondere Festigkeit erhielt.

Für die eigentliche Figurenmalerei, die
bei den romanischen Kirchenbauten mit ihren
grossen Wandflächen eine sehr bedeutende
Rolle gespielt hatte, war in den gotischen
Kirchen und Kathedralen mit ihrer Auflösung
der Massen kein Raum mehr. Den Ersatz
bietet die Glasmalerei, welche während der
spätromanischen und gotischen, besonders
frühgotischen Epoche zu einer grossen, nie
wiedererreichten Blüte sich emporschwang.
Der Ausdruck Glasmalerei ist dafür wenig
bezeichnend, jedenfalls ist der Schwerpunkt
nicht in dem Worte Malerei zu suchen. Die-
selbe beschränkt sich bei den Werken der
klassischen Zeit auf ein Geringes; mit wenigen
Strichen in Schwarzlot, dem in’s Glas ein-
zubrennenden Malmittel, bei Köpfen, Händen
und Gewandung oder bei Gewandmusterungen
und Baldachinen wird der im Wesentlichen
durch die mosaikartige Zusammensetzung der
einzelnen farbigen Glasstücke vermittelst Blei-
s'creifen gebildeten Kontur nachgeholfen.

Der Hauptsache nach ist die sogenannte
Glasmalerei eine Mosaikkunst, wobei die
durch die verbindenden Bleistreifen gegebene
Kontur die Zeichnung macht. Der alte Glas-
maler war zugleich sein eigener Glasmacher,
Glasfarbenbereiter, Zeichner und Maler und
Glaser. Die Glaskünstler der frühmittelalter-
lichen Zeit verfügten anfangs nur über vier
Sorten: rotes, blaues, gelbes und grünlich
getöntes Glas, dazu trat im XII. Jahrhundert
noch grünes und violettes. Das Glas war
vermittelst Metalloxyden in der ganzen Masse
gefärbt. Vom XIII. Jahrhundert ab verwendet
man auch sogenanntes Überfangglas, zunächst
rotes, später auch blaues und grünes, welches
in der Weise hergestellt wurde, dass weisses
Glas durch Eintauchen in einen mit rotem,
blauen oder grünen Glasfluss gefüllten Tiegel
mit einer farbigen Schicht überzogen wurde.
Durch teilweises Abschleifen der Überfang-
schicht, wodurch die Farbe des innern Glases
hervortrat, konnte eine weitere Abwechselung
in der Farbengebung erzielt werden.

Für die Kenntnis der Technik der alten
 
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