Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
48

Testaments (Synagoge und Ecclesia) von
dem Südportal des Münsters, die mit Recht
zu den herrlichsten Figuren aus dem Mittel-
alter gezählt werden. Hier will man der
gänzlichen Verwitterung Vorbeugen, und sie
unter Dach und Fach im Museum der
Münsterbauhütte unterbringen. Man kann
an den nebenstehenden Gipsabgüssen und
Nachbildungen in Stein vergleichen, wie
glücklich diese Kopien gelungen sind, die
nun bestimmt sind das Südportal an Stelle
der Originale zu schmücken. Bei dieser
Gelegenheit sei darauf aufmerksam gemacht,
dass die Originale schon seit mehreren
Jahren fortgenommen sind; die jetzt provi-
sorisch dort stehenden Figuren sind Gips-
abgüsse, die um nicht zu sehr aus dem
Rahmen herauszufallen, leicht gefärbt sind.

Auch die Behandlung des Steinmaterials
selbst in seinen Oberflächen wird gezeigt.
Auf dem Gestell in der Mitte des Saales
sind grosse Steine aufgestellt, deren Ober-
flächen mit dem Spitzeisen, dem Kröneleisen,
dem Charriereisen, mit der geraden Fläche
und der Zahnfläche bearbeitet sind, je nach
der Art wie es üblich war, diese Flächen
in den verschiedenen Jahrhunderten zu be-
handeln. Durch beigefügte Zettel war jede
Bearbeitung angegeben, in welcher Zeit
dieselbe in Übung war, und daneben die
Handwerkszeuge gelegt, mit denen die
Steinmetzen diese hergestellt haben. Auch
Eckführungen, Diagonalführungen und
schwalbenschwanzartige Führungen sind in
die Steine eingesetzt, die zeigen sollen, wie
schadhafte Stellen in sonst noch gesunden
Steinen ausgebessert werden. Ferner sind
Klammern aus Bronze, zum Zusammenhalten
der Steine, Mörtelproben aus den ver-
schiedensten Teilen des Gebäudes, mittel-
alterliche Dachziegel und Arbeiten in Metall
ausgestellt. Es würde zuweit führen,
alle Ausstellungsgegenstände einzeln aufzu-
zählen, die die Wiederherstellung in fast
allen Zweigen der Technik und in den ver-

schiedensten Materialien zeigen; es mag hier
nur noch die sehr lehrreiche Darstellung
erwähnt werden, die die auf einander
liegenden Bodenschichten unter dem Münster
bis zur römischen Betonschicht in einer Tiefe
von 2,43 m, die in genauem Verhältnis zur
Wirklichkeit stehen, zeigt.

Die Ausstellung gab ein Bild, wie an
unserm Münster die Instandsetzungsakbeiten
gehandhabt werden, mit welchem Können
und Kunstverständnis, mit welcher Gewissen-
haftigkeit und Sorgfalt dieselben geleitet und
ausgeführt werden, sodass die Mitglieder des
Vereins mit dem Bewusstsein von dem
Ausstellungsraum schieden, dass der Grund-
gedanke unseres Vereins, dass das Münster
in unveränderter Gestalt auch späteren
Generationen erhalten werde, von dem
berufenen Organe, dem Münsterbauamte
unter Leitung seines bewährten Führers, in
vollem ETmfange gewahrt wird.

In dem nächsten Hefte (IV 1907) des
Strassburger Münsterblattes soll mit der
Veröffentlichung der gesamten Urkunden,
die auf die Baugeschichte des Münsters
Bezug haben, im Urtext und in der Über-
setzung begonnen werden und ist ein
namhafter Historiker für die Bearbeitung
derselben gewonnen worden. Es ist von
grossem Werte für unser ehrwürdiges Bau-
denkmal, wenn alle auf seine Baugeschichte
bezüglichen Dokumente gesammelt und in
einer allen verständlichen Sprache wieder-
gegeben werden.

Die Schriftleitung richtet deshalb
an die Leser die Bitte, von allen ihnen
bekannten Urkunden, Schriften und
Notizen über die Baugeschichte des
Münsters, wenn sie auch noch so ge-
ringfügiger Art erscheinen, der Schrift-
leitung zur weiteren Bearbeitung
Kenntnis geben zu wollen.

D.suss. Druck, vorm. G. FischbSch, Strassburg. — 36lf>.
 
Annotationen