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Reste spätrömischer Bauten, die überall
im Lande noch anzutreffen waren. Des
weiteren zeigt dasselbe eine nicht unbe-
deutende Beeinflussung durch Nachbildung
orientalischer Webemuster, die auf dem
Wege über Rom auch in die nordischen
Lande Eingang fanden, und von welchen
eine Menge sonst fremdartiger Motive in
das romanische Ornament übernommen
worden sind. Dasselbe muss also als Ver-
schmelzungsprodukt primitiv germanischer
mit orientalischen und römischen Elementen
angesehen werden.

Abb. i.

Als germanisch können die in der Früh-
kunst fast eines jeden Volkes die wichtigste
Rolle spielenden Motive des gedrehten
Strickes und der Flechtbänder gelten, an
welche sich die hiervon abgeleiteten rein
geometrischen Elemente, wie Schnürungen
und die sog. Schachbrett-, Schuppen- und
Zickzackfriese, die sog. Diamantquader-
schnüre und dergleichen anschliessen. Ger-
manischen Geistes war sodann die häufig
vorkommende Anwendung von Jagd- und
Kampfszenen im Ornament. Für solche dem
kampffrohen germanischen Charakter so
recht entsprechenden Motive bot, wie er-
wähnt, der Import orientalischer Webereien
die herrlichsten Vorbilder, die denn auch
teils direkt in das Ornament übertragen
worden sind, teils auch Anregung zu eigener
Erfindung boten. Aus dieser Quelle flössen
auch die so charakteristischen Motive der
paarweise gegenübergestellten Tiergestalten,

wobei neben einheimischer Fauna (Hirsch,
Adler, Fisch und dergl.) mit Vorliebe auch
Löwe und Greif verwendet wurden. Dieser
fremdländischen Tierwelt fügte die Phantasie
des nordischen Bildners die geschuppte und
oft geflügelte Eidechse, den Lindwurm seiner
alten Heldenlieder bei.

Die pflanzlichen Motive des romanischen
Ornaments sind fast ausschliesslich den
römischen Vorbildern nachgeahmt. Das ro-
manische Blatt ist das verstümmelte Akan-
thusblatt in eigenartiger Auffassung. Ange-
wendet sehen wir dasselbe teils in direkter

Abb. 2.

Nachahmung des klassischen Vorbildes, teils
in Verbindung mit den zum Rankenwerk
werdenden primitiven Schnürungsformen der
verschiedensten Art.

So zeigen denn auch die Kapitale der
freistehenden Säulen, welche mit schweren
Pfeilern abwechselnd das Tonnengewölbe der
Krypta tragen, unter einem profilierten Abakus
einen gedrungenen, mit Blatt- und Ranken-
werk verzierten Kelch. Von dem vorbildlichen
spätrömischen Kapital ist wenig mehr zu
erkennen, allenfalls könnte die bogenförmig
eingezogene und vermittelst Zahnschnitt
verzierte Kelchplatte unter dem Abakus
daran erinnern. (Abb. i und 2).

Das charakteristische romanische Blatt,
der verstümmelte Akanthus zeigt sich hier
in Verbindung mit germanischen Schnü-
rungen, die rankenartig den Kelch um-
geben. Bezeichnend ist hier auch die Ver-
wendung des Strickmotivs. (Abb. 1). Zur
 
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