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2. Die Porträtierung des toten Luther nach den Sterdeberichten.

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nächsten Tage (Freitag) übergehend, die überführung der Leiche in die Andreas-
kirche mit dem ungeheueren Zulauf der Bevölkerung aus den umliegenden Ort-
fchaften, und er erzählt, daß fich die überführung der Leiche von zwölf Uhr mittags
bis drei Uhr nachmittags hinzog. Und er führt fort: „Der Hallische Maler aber
wurde beauftragt, in jener Zeit bis dahin fd.i. bis drei Uhrf noch einmal, und
zwar besfer als zuvor den Leib des Toten zu malen. Da nun aber eine rauhe
und heftige Kälte war, zerstreuten fich viele der auf den Leichenzug Wartenden
und gingen weg, einerseits wegen der Kältebefchwerden, andererseits weil einige
glaubten, der heilige Mann sei unter den Berzögerungen, (während der vor-
genannte Maler den Toten erneut malte,) vom Tode auferweckt worden. Jn
dieser Nacht also stand die Leiche im Chor der Kirche des hl. Andreas" usw.

Zu dieser Darstellung des Apothekers, wie sie uns vorliegtZ, ist im allgemeinen
zu sagen, daß sie jene scharfe protokollarische Genauigkeit in den Zeitangaben
sowohl wie in anderen Dingen, die den offiziellen Bericht des Coelius und seiner
beiden Genossen auszeichnet, vermissen läßt, andererseits freilich über diesen
hinaus an Einzelheiten mancherlei mitteilt, was eine ungemein wertvolle Ver-
anschaulichung und Ergänzung bringt. Jm einzelnen ist folgendes festzustelleu:

Erstens. Den Eislebener Maler und seine Arbeit übergeht Landau mit
völligem Stillschweigen.

Zweitens. Auch der Name des Hallenser Malers ist ihm unbekannt, wir
erfahren ihn aus seinem Briefe nicht.

Drittens. Seiner Mitteilung gemäß machte Furtenagel zwei Bildaus-
nahmen. Über die Veranlassung zur zweiten Aufnahme weiß Landau, daß sie
dem Hallischen Maler befohlen wurde jsoil. von den Grafen von Mansfeldj,
damit er das — nicht zusagende — erste Vild durch ein „besseres" ersetze. Was
jenes erste Bild den Auftraggebern als unzulänglich erscheinen ließ, ob die künst-
lerische Form oder die Technik oder die portrütmäßige Genauigkeit oder die
Größe des Bildes oder was sonst, darüber äußert sich Landau nicht. Der Zeit-
punkt dieser zweiten Aufnahme ist unzweideutig bestimmt: sie geschah am
19. Februar in den Stunden vor und bis zu der Überführung der Leiche aus
dem Drachstedtischen Hause, wo Luther bei dem Stadtschreiber Johann Albrecht,
seinem Wirte, gewohnt hatte, in die Andreaskirche, und eben sie war, nach Landau,
die Ursache, daß der auf zwölf Uhr angesetzte und durch Glockengelüut angekündigte
Leichenzug erst um drei Uhr vor sich gehen konnte?) Wann Furtenagel seine
von Landau berichtete erste Aufnahme machte, dafür hat dieser eine doppelte
Angabe. Die eine ist eingereiht in die Geschehnisse des 18. Februar, und zwar
im unmittelbaren Anschluß an die Mitteilung von der Einsargung Luthers und
seiner Freigabe zur allgemeinen Besichtigung. Die andere ift verbundeu mit dem
Satz, der den Auftrag an Furtenagel enthält, Luther zum zweiten Mal und besser

1) S. oben S. 9 Anm. 2.

2) Jm „Christlichen Abschied" des Justus Jonas und seiner Genossen wird die Leiche um zwei Uhr
nach S. Andreas gebracht; von einer Verzvgerung, wie sie Landau mitteilt, wird nichts vermerkt,
Schubart a. a. O. S. 65, l7ff.
 
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