Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Stuhlfauth, Georg; Vigenère, Blaise de [Übers.]; Artus, Thomas [Übers.]
Die Bildnisse D. Martin Luthers im Tode — Weimar, 1927

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.28042#0070
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
52

Die Bildnissc v. Martin Lnihers im Tode.

zweifellos darin recht, daß sie in ihr die „Schöpfung" Furtenagels erkennt, wie sie
recht hat, daß L II aus der Werkstatt Cranachs stammt. Wenn die Männer des
18. Jahrhunderts aber gemeint haben, sie sei Furtenagels eigenhändiges Werk,
also das Urbild, das der Hallische Meister am 19. Februar 1846 am Sarge Luthers
malte, so steht dem als grundlegendes Bedenken entgegen nicht die künstlerische,
wohl aber die technische Unzulänglichkeit. Man hat das Gemälde L I Sudelei
genannt?) Das ist übertrieben und schießt weit über das Ziel hinaus. Solche
Unterschätzung verdient es nicht. Jndes ist undenkbar, daß der Meister Hans
Furtenagel dieses Bild als solches gemalt hätte, derselbe, der nicht bloß als Maler
Ruf genoß, sondern von dessen Hand wir die schönen Vorstoßblätter der Hallenser
Lutherbibel haben^), die auch Figürliches enthalten und vor denen das kleine
Leipziger Lutherbildnis nicht wohl als ein originales Werk desselben Meisters
bestehen kann. Dieses Bedenken findet seine Stütze in dem Umstand, der sich
uns als gute Handhabe für die Chronologie herausgestellt hat, daß die Kittel-
borde am Hals nicht die ist, wie sie der Guldenmundtsche Holzschnitt einerseits,
das Hannoversche und das Charlottenburger Gemülde andererseits für das Jahr
1846 bezeugen, sondern die jüngere Form hat, welche L II und Genossen auf-
weisen. Daraus folgt, daß L I als eine etwas jüngere schülerhafte Kopie nach
dem Furtenagelschen Original aufzufassen ist, welches seinerseits auch nur eine
gemalte Skizze, mehr oder weniger ausgeführter unfertiger Entwurs gewesen
sein wird.

Zwei Maler des großen Reformators im Tode, zwei, wenn auch zahlenmäßig
sehr verschiedene, Reihen von Bildnissen, die auf ihrer Arbeit beruhen: wohin
gehörtdie Berliner Pinselzeichnung? Wemdankenwirsie? Hieristder Punkt
erreicht, wo diese Frage Antwort finden muß. Nach allem Dargelegten bedarf
es keines Wortes der Erläuterung und Beweisführung, sondern nur eines Blickes,
um zu sehen, welcher der beiden Reihen und also auch welchem der beiden Künstler
sie zusteht; für ihre Zuweisung gibt es nur eine Möglichkeit: sie gehört zu den
Sargbildern nnd ist das urfrische Erzeugnis Lucas Furtenagels. Niemand hat
sie am toten Luther gezeichnet als er^), der nicht bloß der berühmtere der beiden
an Luthers Leiche tätigen Maler, sondern der auch, wie wir aus dem wenigen

1) Böhmer a. a. O. S. 297 nennt es, allzu verächtlich, und mit ihm das in Dresden „greuliche
Schmierereien, die man mit einem notorisch so sorgfältigen und tüchtigen Künstler wie Fortennagel
nicht zusammenbringen darf". Vgl. auch das wegwerfende Urteil von H. Preuß in der Anzeige
von H. Grifar S. I., Martin Luthers Leben und Werk, 1926 fs. o. S. 3lf, Theol. Literatur«
blatt 47, 1926, Sp. 326.

2) Siehe oben S. 18 f.

3) Exz. Wilh. von Bode hat in einem Briefe vom 4.Februar 1919 an mich nicht bloß die
Autorschaft Furtenagels für die Zeichnung angezweifelt, sondern diese als Erzeugnis eines Malers
des 16. Jahrhunderts überhaupt abgelehnt und sie als eine Kopie des 17./18. Jahrhunderts erklärt.
Jch habe diese Nußerung des großen Kunsthistorikers nicht leicht genommen. Eines näheren Ein-
gehens auf sie bedarf es aber jetzt nicht mehr. Sie scheitert ja schon, wie man weiß, an der Auf-
schrift der Rückseite, die der Wende des 16./17. Jahrhunderts angehört, siehe oben S. 4, und also
rein äußerlich unserer Handzcichnung das 16. Jahrhundert als Zeit der Entstehung bezeugt.
 
Annotationen