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Stuhlfauth, Georg; Vigenère, Blaise de [Übers.]; Artus, Thomas [Übers.]
Die Bildnisse D. Martin Luthers im Tode — Weimar, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.28042#0071
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5. Zeitliche Einordmmg und Zuweisung dcr Bildcr.

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von seiner Hand bisher zuverlässig Erhaltenen entnehmen konnten*), ein geschickter
und seiner Kunst gewachsener Meister war. Will man sagen, zur Sachlich-
keit des Gemäldes L I passe nicht die slotte, geistvolle Pinselzeichnung, die
künstlerisch vor allen Totenbildnissen Luthers weitaus an der Spitze steht, so läßt
sich dem entgegenhalten, daß zwischen seiner Proportionsstudie (Abb. 6) und seinen
Borstoßblättern(Abb.4/5) derselbe „unvereinbare" Gegensatz waltet, — und doch ist
dieser beider Arbeiten Autorschaft in der Person unseres Lucas Furtenagel eigen-
händig von dem Künstler gesichert. Wie aber stellt sie sich zeitlich in den Gang
der überlieferten Geschehnisse ein? Bildet sie etwa die Vorzeichnung zu dem
in L 4 als Kopie erhaltenen Originalgemälde? Der Augenschein spricht schlechter-
dings gegen diese Annahme, auch wenn das Original technisch auf ganz anderer
Höhe war als die gegenwärtige Kopie; alle Berührung, mit der Zeichnung
nnd Gemälde zusammengehen, kann nicht über die mannigfachen Unterschiede
im ganzen der Komposition wie im einzelnen der Wiedergabe hinweghelfen,
hinwegtäuschen. Von einer Borstudie zum Gemälde läßt sich angesichts der
Zeichnung in ihrem Verhältnisse zum Bilde wohl reden, aber nicht als von
einer Vorzeichnung zu ihm. So muß dieser Gedanke fallen. Die Lösung des
Rätsels muß in anderer Linie gesucht werden. Und hier kommt uns zu Hilfe
jene Bemerkung des Apothekers Landau in seinem Briefe an Wizel, daß Furte-
nagel den toten und schon im Sarge liegenden Luther zweimal konterfeite,
das eine Mal am Sterbetage, das zweite Mal am Tage darauf vor der Uber-
führung der Leiche in die Andreaskirche?) Gibt uns das Gemälde bzw.
das ihm (und dem GuldenmundtschenHolzschnitt) zugrunde liegende
Original das Bild, das Furtenagel von dem toten Reformator
entwarf, als er bereits eine Nacht im Sarge gelegen, d. i. vom
Bormittag und Mittag des 19. Februar, so ist uns in der Pinsel-
zeichnung jenes wundervolle Original-Konterfei erhalten, das
Furtenagel, von Halle herbeigeeilt, noch am (Mittag und) Nach-
mittag des Sterbetages von dem Antlitze des (schon im Sarge
ruhenden) Helden mit begeisterter Hand und tief ergriffener Seele
auf seinem heimatlichen Augsburger Papierb) festhielt. Derselbe
Landau erzählt, daß die Grafen von Mansfeld Furtenagel am 19. Februar
aufforderten, den Toten noch einmal, und zwar besser zu malen als zuvorZ;
sein erstes Bild muß also irgendwie unzureichend gewesen sein. Die Handzeich-
nung gibt uns dafür die Erklärung: sie reichte den Fürsten nicht aus; sie war
ihnen nicht vollständig, war ihnen wohl auch nicht exakt genug; und man begreift
es: sie wollten „Besseres" haben. So machte er sich erneut an die Arbeit, die
sich jetzt aber in die Länge zog über die Mittagsstunde und die Merführung der
Leiche in die Kirche um volle zwei, nach Landau gar um drei Stunden ver-
zögerte?) Jhr Ergebnis vermittelt uns L I und in der Form der Graphik der

1) Siehe oben S. I8ff.
4) Siehe oben S. 13.

2) Siehe oben S. 12 ff. 3) Siehe oben S. 3 f.

S) Siehe Schubart a. a.-O. S. 65 und oben S. 13.
 
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