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Teske, Hans
Thomasin von Zerclaere: der Mann und sein Werk — Heidelberg: Winter, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.47780#0174
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154

II. Thomasin von Zerclaere.

Imnst ist für Thotnasin gleichbedeutend mit Gelehrsamkeit. Er
klagt, kein Geistlicher strebe mehr nach ihr (6373f.). Der Bischof, der
nicht predigen kann, will, daß seine Untergebenen Lus kennst nls er
sind (6548). An anderer Stelle setzt er kennst uncle sin, Wohl Gelehr-
samkeit und Begabung, nebeneinander (6589). Doch meint er damit
kaum eine eigentlich dichterische Begabung. Es ist ein Unterschied, ob
Wolfram zu Eingang des Willehalm (2,15—25) von Gott verständigen
sin erfleht^, oder ob Thomasin seine schulgerechte Vorrede mit den
Worten schließt:
Nie sol mW vorrsüe «ncie Nun,
ioN vil «in Nmäer Neven an
ieN Mr Nur sm von. zote sinne:
mkns NnooNes IeN also beginne (137IN).
Der geistliche Verfasser fängt sein Werk mit einem Gebet an und läßt
es in einem Gebet enden. Die letzten Verse (14749ff.) entsprechen
jenen zu Anfang:
Nio vil ieN Nir onNs zobon.
Aot ZoNo Nnr ivir nn onNo loben
NurcN Nie äri Neilizen nnmen
vator, snn, NoiliAor Zeist. ^msn.
So fordert es Augustin von dem Prediger^". Wie ein Prediger betet
auch Thomasin, bevor er mit dem 1. Buch seines Werkes anhebt, Gott
möge ihm eine gute Rede auf die Zunge legen. Er betet zum Schluß
nm eine nachhaltige Wirkung.
Thomasin ist den Bildungsweg eines Geistlichen gegangen. Er hat
selbst gepredigt. Er wählt den Stil des Predigers. Sein Werk steht
als instrnotio morum der Predigt nahe. Es unterscheidet sich von einer
solchen durch zweierlei: einmal durch seinen Umfang, dann auch durch
die äußere Form. Es ist nicht wie jene in Prosa, sondern in Reim-
paaren abgefaßt. Nun kommt seit dem 6. Jahrhundert gelegentlich
Reimprosa in Geschichtswerken und lateinischen Predigten vor^, vor
allem Honorius von Autun verwendet sie in seinem Lpooulum ooele-
in reichem Maße. Möglicherweise hat Thomasin Schriften dieser
Art gekannt. Jedenfalls wirken viele seiner Verse wie eine unverarbei-
tete, nur notdürftig nach Hebung und Senkung geordnete Prosa^.
Ehrismann, Studien (Anm. 666) 13.
äs äootr. vbrist. IV, XXX 63.
Cruel (Anm. 704) 120f.; s. a. die nächste Anm.
Migne 172, 813—1108. Weitere Beispiele bei LourZLin (Amn. 715)
227ff.; I-ovo)' äe la Unreke (Anm. 715) 279ff.; Ssicivin (Anm. 666) 251ff.
Ranke (Anm. 241) 87.
 
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