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8. Die neue Haltung.

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Außerdem ist es ohne jede Schwierigkeit möglich, aus dem Werke in
sich geschlossene Stücke herauszulösen, die in ihrem Aufbau wie gereimte
Predigten anmuten.
Als bezeichnendes Beispiel sei etwa der an die Ritterschaft gerichtete
Ausruf zur Kreuzfahrt (11347—11830) genannt. Er beginnt mit einer
auptutiv bene Valentine (11347—11352). Dann folgt kurz der Tat-
bestand :
Uis iwiäsu mit üdarmuot
luwsut unser laut dessen
Zotes KiAp sol man niüt verzerren,
äur kant si uns vor mit Kratt (11356ff.).
Er steht statt des heiligen Textes vor der Predigt und wird im folgenden
wie ein solcher Text zerlegt und erörtert. Zunächst der „übsrmuot"
der Heiden (11360—11376), dann „unser" (11377—11392), endlich das
„laut" in seiner Besonderheit eben als das, da Zotes Zrup liegt, da man
das ewige Leben erringen, viel gewinnen und nichts verlieren kann
(11393—11434). Das ist der erste Teil. Nun (11435—11498) folgt ein
Gleichnis (bücke): für seinen irdischen Herrn wagt jeder Ritter gern
üp, Mot, blut necke vip (11437f.), wie viel mehr sollte man es für
den soviel größeren himmlischen Herrn tun! Gäbe uns ein irdischer
Herr so hohen Lohn wie er, wir würden sogleich folgen. Ein Hörer
wirft ein (11499ff.): Gott kann ohne uns, wenn er nur will, das
hl. Grab erlösen. Thowasin antwortet: Du sprichst aus Trägheit; frei-
lich kann man ohne Gott nichts tun, doch soll man sich ihm willig er-
zeigen, und fährt wieder mit einem konkreten Beispiel fort. Gott könnte
auch alle Armen reich machen, aber wie sollte man dann beweisen, daß
man müte sei? Gott hat uns das Heilige Land als Aufgabe, Gegen-
stand, muterZa hingegeben, damit wir daran unsere ritersebuit erzeigen
(11508—11588). Gott gibt uns hier überdies eine besondere Möglich-
keit, als Märtyrer zu ihm zu gelangen (11589—11606). Ein nächster
Abschnitt (11607—11678) geht aus von der Symbolik des Kreuzes.
Dem äußeren Zeichen soll die Gesinnung des Trägers entsprechen. Das
knüpft wieder an Zotes grap an. Die folgenden Verse (11679—11708)
schlagen eine Brücke zurück zu 11606: Gott gibt uns muterga, daß wir
den Weg des Märtyrers nehmen. Hier ist Gelegenheit, unser wirkliches
Christentum zu zeigen. Endlich folgt ein Beweis (11709—11730), daß
Gott unsere Fahrt wünscht: er hat uns hier 30 Jahre strit, Mim, vmt-
sebakt unäe nit, vorbte, bur unck unckriu leit (11719ff.) geschickt, weil
wir 30 Jahre lang mit angesehen haben, daß sein Grab in der Hand
der Heiden ist.
 
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