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Dürer, Albrecht; Thausing, Moritz [Transl.]
Dürers Briefe, Tagebücher und Reime — Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Renaissance, Band 3: Wien, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.28721#0161
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sterben, denn sie hatte ihre Gesundheit immer seit meines
Vaters Tode bewahrt.
Und ihr häufigster Brauch war, viel in die Kirche zu
gehen, und sie tadelte mich immer Reissig, wenn ich nicht gut
handelte, und immer hatte sie für mich und meine Brüder 5
grosse Besorgniss vor Sünde. Und ich mochte aus- oder ein-
gehen, so war stets ihr Sprichwort: Geh' im Namen Christi!
Sie gab uns beständig mit hohem Eifer heilige Ermahnungen
und hatte fortwährend grosse Sorge um unser Seelenheil. Ihre
guten Werke und die Barmherzigkeit, die sie jedermann erzeigt
hat, kann ich nicht genug anpreisen, wie auch ihren guten
Leumund.
Diese meine fromme Mutter hat achtzehn Kinder getragen
und erzogen, hat oft die Pestilenz gehabt und viele andere schwere,
bemerkliche Krankheiten, hat grosse Armuth erduldet, Ver-'5
spottung, Verachtung, höhnische Worte, Schrecken und grosse
Widerwärtigkeiten. Dennoch ist sie nie rachsüchtig gewesen.
Von dem zuvor genannten Tage an, an dem sie krank
geworden war, über ein Jahr, da man zählte i5iz). an einem
Dienstag — es war der iy. Tag im Mai — zwei Stunden vor 20
Einbruch der Nacht, ist meine Mutter, Barbara Dürerin,
christlich verschieden mit allen Sakramenten, durch päpstliche
Gewalt von Pein und Schuld absolviert.
Sie gab mir auch zuvor ihren Segen und wünschte mir den
Frieden Gottes mit vielen schonen Lehren, auf dass ich mich 25
vor Sünden hüten sollte. Sie begehrte auch zuvor den Sanct
Johannes Segen zu trinken, wie sie denn that. Sie fürchtete
den Tod sehr, aber sie sagte: vor Gott zu kommen, fürchte sie
sich nicht. Sie ist auch schwer gestorben, und ich merkte, dass
sie etwas Grauenhaftes sah, denn sie forderte das Weihwasser, 3o
obwohl sie zuvor lange nicht gesprochen hatte. Sodann brachen
ihr die Augen. Ich sah auch, wie ihr der Tod zwei grosse
 
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