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III. Die Familie.

mufste diefer an feiner glücklichen Hand Gefallen finden. Als er dann
den Vater anlag ihn Maler werden zu laffen, da konnte die Wahl des
Meifters nicht mehr fraglich fein, fie war bereits getroffen. Es kann
nur auf einem Irrthume beruhen, wenn Chriftoph Scheurl in feiner
1515 gedruckten Lobrede auf Anton Krefs und nach ihm Neudörffer
berichtet, der alte Dürer hätte daran gedacht, das Söhnchen ander-
wärts, und zwar nach Colmar zu Martin Schongauer in die Lehre zu
geben 1). Fügte fich der bedächtige Vater fchliefslich auch, vielleicht
nicht ohne Fürfprache von Nachbar und Gevatter, dem Wunfche feines
Lieblings, die väterliche Goldfchmiedewerkftatt mit der des Malers zu
vertaufchen; in weitausfehende Pläne, die auch entfprechende Opfer
gekoftet hätten, würde er fich wohl nie eingelaffen haben. Und dazu
hatte es auch keine Noth. Meifter Wolgemut ftand damals in der
Blüthe feiner mannigfachen Kunftthätigkeit, er war ein geachteter
wohlhabender Mann, deffen guter Ruf als Künftler nicht blofs auf die
Mauern der Vaterftadt befchränkt war; von nah und fern kamen
grofse Aufträge an ihn. Wir können mit Sicherheit annehmen, dafs
Nürnberg damals mit Stolz auf Michel Wolgemuts Werkftatt blickte;
und wenn Vater Dürer ficher mit den meiften feiner Mitbürger der
Anficht huldigte, Meifter Wolgemut fei ein fo guter Maler, wie nur
irgend einer in deutfchen Landen, fo hatte er darin, wie wir fehen
werden, gar nicht fo Unrecht.

1) Vergl. Schnaafe, Mittheilungen der k. k. Centralcommiffion, Wien VIII, 187.
 
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