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Der Schweizerkrieg.

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Familie noch nicht von Wolgemut genommen war. Vielleicht auch,
dafs ein Bruder Wilhelms oder ein anderes Mitglied der Familie
Pleydenwurff wieder in einem ähnlichen Verhältniffe zu dem Stiefvater
ftand. Doch laffen wir diefe Nebenfragen dahingeftellt und faffen wir
dafür jene illuftrierte Kriegschronik felbft näher in's Auge!

Auf den überhöhten Blättern thürmen fich Berg und Thal in
alterthümlicher Weife und in immer mehr fich verjüngendem Mafsftabe
übereinander, fo dafs blofs im äufserften Vordergrunde gröfsere und
trefflich durchgeführte Perfonen- und Reitergruppen Platz finden.
Eine derfelben erinnert ftark an die Landsknechte auf Dürers zuvor
erwähntem Stiche '). Weiter nach rückwärts erfcheinen dann die
Figuren der Kämpfer gemeinhin zu grofs im Verhältniffe zu den, in
der Art der Schedel'fchen Chronik entworfenen Baulichkeiten. So
unvollkommen diefe, an die Formen alter Landkarten ftreifenden An-
flehten auch fein mögen, fie fetzen doch eine Landes- und Ortskennt-
nifs voraus, wie fie fich die damalige Zeit ficher nicht durch blofses
Hörenfagen, fondern nur durch eigenen Augenfchein verfchaffen konnte.
Darum wohl auch dachte Paffavant zunächft an einen Schweizer
Künftler. Muffen wir nun diefe Annahme verwerfen, fo erinnert uns
diefelbe doch an die bekannte Thatfache, dafs unter den Malern
diefes Landes manche, wie Urfe Graf und Manuel Deutfeh, zugleich
leidenfehaftliche Kriegsleute gewefen feien. Sollte es darnach unwahr-
fcheinlich fein, dafs fich unter den Soldaten des kunftreichen Nürn-
berg neben Gewerbsleuten aller Art nicht auch Künftler und Zeichner
befunden hätten, die im Stande gewefen wären, Einzelanüchten und
die Situationen des Feldzuges in einer, wenn auch primitiven Weife
wiederzugeben? Anders liefse fich wenigftens das Erfcheinen der
illuftrierten Kriegschronik von 1499 in Nürnberg fchwerlich erklären.
Räumen wir aber einmal diefen Zufammenhang ein, dann haben
wir nur noch einen Schritt zu der verlockenden Hypothefe, dafs aus
gleicher Quelle auch die Skizze zu der in ihrer Auffaffung fo fremd-
artigen Landfchaft unter der »Nemefis« herrühre; dafs damit irgend
eine, den Kaiferlichen oder fpeciell den Nürnbergern in dem Kriege
verderblich gewordene Oertlichkeit gemeint fei — wie etwa das Quellen-
gebiet der Etfch in Tirol, wo es auf jenem Plane heifst: »Auf diefer
Malfer Heide ward viel Volks erfchlagen«, und wovon Pirkheimer be-
richtet, dafs fie IOOO Todte unbegraben zurückgelaffen hätten2). Dann
würde fich die »Nemefis« Dürers als ein Gedenkblatt auf den unglück-

1) Bartfeh, 88.

2) Dies war feit Jahren niedergefchrie-
"er>; da fand ich im Nachlaffe A. von

Zahns die Notiz, die Landfchaft auf dem
»grofsen Glück« entfpreche Haigerloch
in Schwaben, eine ftarke Meile weftlich
 
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