204
IX. Die Apokalypfe und die frühen Holzfchnitte.
zu unterfchätzenden Einflufs auf die Nürnberger Kunft. Schon im
Jahre 1485 gab Celtes Senecas rafenden Hercules heraus, der mit dem
Beifiande der Pallas den Lycus erfchlägt, weil fich diefer an feine
Gemahlin Megara gewagt hatte. Ich laffe es dahingeftellt, ob die
Hereinziehung der jungen Frau in die Herculesdarftellungen Dürers
damit in irgend einen Zufammenhang zu bringen fei.
Nahe befreundet war Celtes insbefondere auch mit Sebald Schreyer,
den er und fein Kreis Clamofus nennt. Es ift derfelbe Kirchenmeifter
von St. Sebald, der Schedels Weltchronik mit herausgab. Ihm zu
Ehren dichtete Celtes feine Sapphifche Ode an den heil. Sebaldus.
Sie erfchien bereits zu Anfang der neunziger Jahre, geziert mit einem
noch fehr alterthümlichen mageren Holzfchnitte; der Heilige fteht mit
fpitzen Schuhen unter einer gothifchen Architektur, wie fie im Schatz-
behalter öfter vorkommt. Ein zweitesmal erfchien das Flugblatt mit
einem weit befferen Holzfchnitte: der heil. Sebald fteht da auf einem
Säulenknaufe mit fechseckiger Platte ganz in der Art wie die grofsen
Heiligen auf dem Peringsdörffer'fchen Altare von Wolgemut; zu feinen
Häupten verzweigt fich gothifierendes Aftwerk mit Weinreben, unten
fleht man das Wappen Schreyers und das des Celtes ■). Die Behand-
lung der Zeichnung und des Formfchnittes ift bereits eine fehr vor-
gefchrittene, weshalb das Blatt auch wohl Dürer zugefchrieben wurde 2).
Es flammt vermuthlich aus dem Jahre 1469 und ohne Zweifel aus
Wolgemuts Werkftatt; daher auch die colorierten Exemplare, genau
mit denfelben Farben wie die Holzfchnitte in der SchedeFfchen Chronik.
Dasfelbe gilt von dem Bilde des Peftkranken, das der Arzt Theo-
doricus Ulfenius 1496 als Flugblatt veröffentlichte, es kommt gleich-
falls noch coloriert vor3). Der Friefe Ulfen war ebenfalls ein warmer
Anhänger von Celtes.
Konrad Celtes trug fich damals mit dem grofsen Plane, der Welt
und insbefondere den mifsgünfligen Italienern zu zeigen, dafs Deutfch-
land kein Barbarenland fei; dafs das Licht des claffifchen Alterthums
demfelben nicht blofs erft aufgehe, fondern es bereits im X. Jahr-
hunderte befchienen habe. Zu diefem Zwecke begnügte er fich nicht
nur mit feinen eigenen Poefien im antiken Gewände, er publicierte
auch mit Hülfe der Rheinifchen Sodalität, der erften deutfchen Gc-
lehrtengefellfchaft, die er 1491 gegründet hatte, fo viel ältere Denk-
mäler, die fich der gleichen Vorzüge erfreuten und noch dazu von
SP
I) Es ift eigentlich fein Monogramm
und bedeutet: Conradus Celtes Pro-
tucius Poeta.
2) Retberg Nr. 91, Bartfeh App. 20,
Heller 1865.
3) Vergl. v. Eye, Leben Dürers, 100,
IX. Die Apokalypfe und die frühen Holzfchnitte.
zu unterfchätzenden Einflufs auf die Nürnberger Kunft. Schon im
Jahre 1485 gab Celtes Senecas rafenden Hercules heraus, der mit dem
Beifiande der Pallas den Lycus erfchlägt, weil fich diefer an feine
Gemahlin Megara gewagt hatte. Ich laffe es dahingeftellt, ob die
Hereinziehung der jungen Frau in die Herculesdarftellungen Dürers
damit in irgend einen Zufammenhang zu bringen fei.
Nahe befreundet war Celtes insbefondere auch mit Sebald Schreyer,
den er und fein Kreis Clamofus nennt. Es ift derfelbe Kirchenmeifter
von St. Sebald, der Schedels Weltchronik mit herausgab. Ihm zu
Ehren dichtete Celtes feine Sapphifche Ode an den heil. Sebaldus.
Sie erfchien bereits zu Anfang der neunziger Jahre, geziert mit einem
noch fehr alterthümlichen mageren Holzfchnitte; der Heilige fteht mit
fpitzen Schuhen unter einer gothifchen Architektur, wie fie im Schatz-
behalter öfter vorkommt. Ein zweitesmal erfchien das Flugblatt mit
einem weit befferen Holzfchnitte: der heil. Sebald fteht da auf einem
Säulenknaufe mit fechseckiger Platte ganz in der Art wie die grofsen
Heiligen auf dem Peringsdörffer'fchen Altare von Wolgemut; zu feinen
Häupten verzweigt fich gothifierendes Aftwerk mit Weinreben, unten
fleht man das Wappen Schreyers und das des Celtes ■). Die Behand-
lung der Zeichnung und des Formfchnittes ift bereits eine fehr vor-
gefchrittene, weshalb das Blatt auch wohl Dürer zugefchrieben wurde 2).
Es flammt vermuthlich aus dem Jahre 1469 und ohne Zweifel aus
Wolgemuts Werkftatt; daher auch die colorierten Exemplare, genau
mit denfelben Farben wie die Holzfchnitte in der SchedeFfchen Chronik.
Dasfelbe gilt von dem Bilde des Peftkranken, das der Arzt Theo-
doricus Ulfenius 1496 als Flugblatt veröffentlichte, es kommt gleich-
falls noch coloriert vor3). Der Friefe Ulfen war ebenfalls ein warmer
Anhänger von Celtes.
Konrad Celtes trug fich damals mit dem grofsen Plane, der Welt
und insbefondere den mifsgünfligen Italienern zu zeigen, dafs Deutfch-
land kein Barbarenland fei; dafs das Licht des claffifchen Alterthums
demfelben nicht blofs erft aufgehe, fondern es bereits im X. Jahr-
hunderte befchienen habe. Zu diefem Zwecke begnügte er fich nicht
nur mit feinen eigenen Poefien im antiken Gewände, er publicierte
auch mit Hülfe der Rheinifchen Sodalität, der erften deutfchen Gc-
lehrtengefellfchaft, die er 1491 gegründet hatte, fo viel ältere Denk-
mäler, die fich der gleichen Vorzüge erfreuten und noch dazu von
SP
I) Es ift eigentlich fein Monogramm
und bedeutet: Conradus Celtes Pro-
tucius Poeta.
2) Retberg Nr. 91, Bartfeh App. 20,
Heller 1865.
3) Vergl. v. Eye, Leben Dürers, 100,