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XI. Der zweite Aufenthalt in Venedig.

Kunftfreunde. Endlich am 23. September ift die Tafel fertig. Der
Altar, auf welchem fie aufgeftellt wurde, befindet fich im geraden
Chorabfchluffe von San Bartolommeo, der Begräbnifskirche »Nationis
Alemannae«; es ift eine kleine Pfeilerbafilika mit Tonnengewölben im
Mittel- und Querfchiff und einem kleinen achteckigen Kuppelauffatze
über der Vierung. Dürer freut fich nun aufrichtig feines grofsen Er-
folges ; denn mit Bezug auf die diplomatifchen Erfolge, von denen
ihm Freund Pirkheimer zu berichten wufste, fagt er: »Und wie Ihr
Euch felbft wohlgefallet, ebenfo gebe auch ich hiermit 7.11 verliehen,
dafs es ein befferes Marienbild im Lande nicht gebe; denn alle Künftler
loben dasfelbe, fo wie Euch die Herrfchaften. Sie fagen, dafs fie ein
erhabeneres, lieblicheres Gemälde nie gefehen haben« etc.1)

Der Gegenftand des Gemäldes war die Verherrlichung der Maria
im «Rofenkranzfeft«, und fo wird das Bild gemeinhin genannt. Kaifer
Rudolf IL brachte es gegen Zahlung einer grofsen Summe an fich -).
Es heifst, dafs er das Bild, auf's Sorgfältigfle verpackt, von vier
ftarken Männern auf den Schultern von Venedig nach Prag tragen
liefs, weil er beforgte, dafs es durch das Rütteln eines Fuhr-
werks Schaden leiden möchte. Aus der kaiferlichen Sammlung in
Prag follte das Bild auf Befehl Kaifer Jofeph IL mit noch anderen
Gemälden nach Wien überführt werden, gerieth aber auf bisher un-
bekannte Art in Verluft und kam fpäter in den Befitz des Prämon-
ftratenferftiftes Strahow in Prag. Inmitten einer heiteren Landfchaft
und vor einem dunkelgrünen, purpurgefäumten Teppiche thront
die goldgelockte, blau gekleidete Madonna mit dem Chriftkinde, um-
geben vom heil. Dominicus, dem Begründer des Rofenkranzcultus
und von mehreren Engeln, welche insgefammt die vor ihnen knieende
Verfammlung mit Kränzen von natürlichen Rofen krönen3). Die Mitte
nehmen der Papft und der Kaifer ein, erfterer vom Chriftkind, letz-
terer von Maria gekrönt; beide in weiten Purpurmänteln, der des

1) Vergl. damit das gleichzeitige Urtheil
von Chriftoph Scheurl, De laudibus Ger-
mania:; : Germani Venetiis commorantes,
totius civitatis absolutissimum opus, ab hoc
perfectum monstrant: ita Ca?sarem expri-
mens, ut ei praeter spiritum deesse videa-
tur nihil«. Ferner Franc. Sansovino, Ve-
netia, 1581, S. 48 »una palla di nostra
donna di mano d'Alberto Duro, di bellezza
singulare per disegno, per diligenza et
per colorito«.

2) An feine Stelle ip S. Bartolommeo

kam eine Verkündigung von Rottenham-
mer. Im Verzeichniffe der Prager Kunft-
kammer wird das Bild befchrieben: »Ein
gar fchön Marien-Bildt, wie fie Kayfer
Maximilianum primum ein Rofen-Krantz
auffetzt, vndt Sanct Dominicus mit vielen
anderen Bildern vnd Engeln vom Albrecht
Dürer, ein fürnemes Stück«. Berichte des
Alterthumsvereins in Wien, 1864, VII. 105.
3) Vergl. über den Cultus A. Springer,
Raphaelftudien, Zeitfeh. f. bild. K. VII. 79.
 
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