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Maximilian in Nürnberg. ^ßg

bildet in diefem Jahre erklärt denn auch die auffallende Aehnlichkeit
der Züge Karls des Grofsen mit denen des kaiferlichen Gefchicht-
fchreibers, des Mathematikers und gekrönten Poeten Johannes Stab
oder Stabius, der zu Anfang des Jahres 1512 mit Kaifer Maximilian
nach Nürnberg kam, längere Zeit dafelbft verweilte und, wie wir fehen
werden, in nahe Beziehungen zu Dürer trat.

Der Aufenthalt Maximilians I. zu Nürnberg vom 4. bis zum
15. Februar 1512 war für Dürer von entfcheidender Wichtigkeit. Er
follte nun vollauf Gelegenheit haben, fich mit der Kaiferherrlichkeit
zu befaffen. Bis dahin hatte der Kaifer vom Nürnberger Rathe nur
eine Unmenge von Schmelztiegeln und viele, viele Zentner des koft-
baren, von der Stadt monopolifierten Lehms requiriert, der bei Herolds-
berg gegraben wurde und fich zur Erzeugung folcher Tiegel vorzüg-
lich eignete 1). Maximilian bedurfte derfelben für feine Meffinghütte,
in welcher fortwährend an dem Grabmale gearbeitet wurde, das er
fich von Peter Vifcher u. A. in der Franciskanerkirche zu Innsbruck
errichten liefs. Dort durfte der raftlofe Kaifer ja hoffen, dereinft eine
bleibende Ruheftätte zu finden, obwohl er fie thatfächlich auch dort
nicht gefunden hat, fondern in Wiener Neuftadt. Für's Leben befafs
ja das Oberhaupt des römifchen Reiches deutfcher Nation doch keinen
feften Wohnfitz. Die alten Kaifer waren faft immer unterwegs von
Pfalz zu Pfalz, von Stadt zu Stadt, wenn fie nicht gar auf Krieg und
Eroberung ganz aufser Landes zogen. Ihre eigentliche Heimath war
der Steigbügel, der Sattel ihre Refidenz. Der letzte diefer fahrenden
Kaifer konnte daher leicht auf den Gedanken verfallen, fich auch
wandernde Denkmäler in Form von gedruckten Blättern zu errichten.
Der im deutfchen Volke fo mächtig erwachte publiciftifche Trieb kam
den Abfichten des Kaifers entgegen.

Maximilian ftand an der Grenzfeheide zweier Zeitalter. Seine
Gemüthsart brachte es aber mit fich, dafs er an vielen Ueberlieferungen
der grofsen Vergangenheit nur um fo eifriger fefthielt — ganz im
Gegenfatze zu einem verfrühten Diplomaten- und fefshaften Kanzlei-
kaifer, wie der Luxemburger Karl IV., den er des Reiches Stiefvater
nannte. Ihn nannte dafür das Volk den »letzten Ritter«; Napoleon I.
hätte ihn einen »Ideologen« genannt, David Straufs einen »Roman-
tiker auf dem Thron der Cäfaren«. Max war eine durch und durch
poetifche Natur. Was ihm in feinen vielen Kriegen und Staatshändeln
an wirklichen Erfolgen abgieng, das erfetzte er durch eine glückliche,
an dem Vollgefühle feiner erhabenen Weltftellung genährte Phantafie.

I) Baader, Beiträge I, 34.
Thaufing, Dürer. 24
 
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